Full text: Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht ([Theil] 1)

Die Volkstribunen. 
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ihn der Richter seinem Gläubiger zu, und dieser durste ihn schlagen, 
eiusperren und zu Knechtsarbeit zwingen; manchen aus dem Kriege heim¬ 
kehrenden Plebejer traf dieses Schicksal. Mehr als einmal brach unter den 
Plebejern eine bedrohliche Unzufriedenheit aus, allein dann ernannte der 
Senat einen Diktator, dessen unbegränzte Strafgewalt (es fand von 
ihm keine Provokation an die Centurienversammlung statt) die armen 
Plebejer beben machte, und ohnedies waren sie als Soldaten an 
militärische Zucht und Ordnung gewöhnt. Endlich brach aber den 
Plebejern doch die Geduld, als die Patricier ihren gerechten Klagen 
abermals kein Gehör gaben, und sie zogen insgesammt (494) auf einen 
benachbarten Berg, welcher später „der Fluchberg" (Mons sacer) ge¬ 
nannt wurde. Hier blieben sie Monate lang im Lager, indem sie sich 
Lebensmittel aus der umliegenden Landschaft holten, entschlossen, sich von 
Nom loszusagen und eine eigene Stadt zu gründen, wenn die Patricier 
nicht nachgeben sollten. Nun kam die Verlegenheit an diese und sie 
schickten an die ausgewanderten Plebejer eine Gesandtschaft, an deren 
Spitze der kluge Menenius Agrippa stand. Dieser bewog zwar die 
Plebejer zur Versöhnung mit den Patriciern und zur Rückkehr in ihre 
Vaterstadt, aber nur auf Bedingungen: 1) mußten alle Schuldknechte 
losgelassen werden; 2) wurde eine eigene Obrigkeit zur Wahrung der 
plebejischen Rechte eingesetzt, das Amt der Volkstribunen. Dieser gab 
es anfangs zwei, später fünf, zuletzt zehn; sie waren heilig und unverletz¬ 
lich d. h. wer sich an ihnen vergriff, sollte verflucht sein und dem Ge¬ 
setze verfallen. Die Tribunen bekamen das Recht, den Sitzungen des 
Senats beizuwohnen; von ihrem Sitze an der Thüre hörten sie die Be¬ 
schlüsse, und wenn ihnen diese gegen die Gesetze und Rechte der Ple¬ 
bejer schienen, sprachen sie veto (ich verbiete); dadurch wurde ein Be¬ 
schluß ungiltig und der Senat gezwungen, ihn vor die Centurienver¬ 
sammlung zu bringen. Die Tribunen durften ferner Tributkomitien 
d. h. Versammlungen der Tribus ihrer Standesgenossen abhalten, mit 
dem Rechte über diejenigen zu richten, welche an den Gerechtsamen der 
Plebejer frevelten. Von jetzt an hatten die Römer drei Komitien; die der 
Centurien (oenturiata), die eigentlichen Volksversammlungen, von wel¬ 
chen die populisoita ausgingen; die oomitia curiata der Patricier, in 
welchen diese die Angelegenheiten ihres Standes ordneten (sie hatten es 
bald mit nichts mehr zu thun als mit den religiösen Institutionen der 
pñtricischen gentes); und die Komitien der Plebs (comitia tributa), 
deren Beschlüsse plebiscita hießen. Die Plebejer hatten also ihre Spre¬ 
cher und eigene Versammlungen gewonnen, und nun strebten sie uner¬ 
müdlich, weitere Rechte zu erwerben, was ihnen trotz des hartnäckigen 
und listigen Widerstandes der Patricier im Laufe der Zeit gelang. Fast 
gleichzeitig wurden zwei plebejische von den Plebejern selbst zu wählende
	        
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