Oktavianus Alleinherrscher als Cäsar Augustus. 309
den Beinamen „Augustus" (der Erhabene) und „Vater des Vater¬
landes" verlieh. Einen bessern Herrn hätte Rom nicht finden können,
und wenn man behauptet, er sei nur aus Klugheit gnädig, großmüthig,
freigebig, ein Freund der Künste und Wissenschaften gewesen, und habe
nur aus Klugheit dem Rathe seiner treuen Freunde Cilnius Mäcenas,
Vips. Agrippa und Messala Corvinus den größten Einfluß auf seine
Entschlüsse gestattet, so ist nur zu wünschen, daß die Zahl solch' „kluger"
Gewalthaber immer recht groß sein möge. Ein anderer Vorwurf wird
ihm daraus gemacht, daß er die republikanischen Formen stehen ließ und
doch die unumschränkte Monarchie einführte; was hätte er aber mit
den Senatorenfamilien beginnen, welche Verfassung aufstellen sollen?
Man vergißt, daß Augustus die Monarchie durch die Gewalt der Waf¬
fen aufrichtete und in keiner Weise im Stande war, dieselbe auf eine
andere Grundlage zu bauen. Er konnte sie nicht als sein Erbtheil an¬
sprechen; er durfte sie nicht aus der Hand des Volkes und des Senates
als Mandat annehmen, denn was diese gaben, das konnten sie mit
gleichem Rechte wieder zurücknehmen, sobald es ihnen beliebte; freilich
erbot er sich mehr als einmal (27 v. Ehr. zum erstenmal), seine Aemter
niederzulegen, jedesmal bat ihn der Senat, die Regierung wie bisher
fortzuführen, doch war dies nur ein Schauspiel, denn Augustus kannte
seine Unentbehrlichkeit und Macht so genau, als der Senat die eigene
Ohnmacht. Daß Augustus wie 800 Jahre später der römisch-deutsche
Kaiser Karl der Große sich krönen und weihen ließ, war schon deß-
halb eine Sache der Unmöglichkeit, weil man weder von einer christ¬
lichen Kirche noch von einem christlichen Staate etwas wußte; die Re¬
ligion der Römer taugte dazu nicht und war zu Augustus Zeiten ohne¬
hin schon beinahe gänzlich abhanden gekommen. Rom konnte nichts an¬
deres werden als eine Militärmonarchie, seitdem es die Probe, und
zwar eine mehr als 50jährige blutige (von Marius bis Philippi) ab¬
gelegt hatte, daß es als militärische Republik nicht mehr zu be¬
stehen vermöge.