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ertönte mit tausendfachem Jubel des Volkes; ein zahlreicher
Chor stimmte den Krönungsgesang an.
So war Karl zu einer kaum geahnten Macht empor—
gestiegen. Sein Reich erstreckte sich vom Ebro in Spanien
dis zur Raab in Ungarn, von der Elder in Dänemark bis zum
Tber in Jlalien. Diese gewaltige Masse von Ländern wußte
seine Hand aber so gut zu lenken als sie das Schwert zu
führen gewohnt war. Aus allen Ländern mußten ihm regel⸗
maͤßig Berichte eingeschickt werden; nach allen Richtungen
sandle er Befehle und wußte denselben Nachdruck zu geben.
Sein Peischaft war in seinen Degenknopf eingegraben.
Hatte er nun einen Befehl an einen widerspenstigen Herzog
uͤntersiogelt, so pflegte er wohl zu sagen: „Hier ist mein Befehl,
und hier“ — den Degen schüttelnd — Jder, welcher ihm
Gehorsam verschaffen soll.“ Auf die Rechtspflege richtete
Kaiser Karl sein ganz besonderes Augenmerk. Er liebte auch
die Vaukunst und ließ zahlreiche und prächtige Bauten auf⸗
fuͤhren, wie zu Aachen, woselbst er sich überhaupt am liebsten
aufhielt.
Karl war von starkem Körperbau und erhabener Ge—
stalt. Er hatte eine hohe, klare Stirn und große, lebhafte
Augen, die dem Freunde fröhlich dem Feinde furchtbar
leuchteten. Im Reilen, Fechten und Schwimmen war er sehr
geschickt; auf der Jagd kämpfte er mit Bären, Wölfen und
Auctochsen. Im Essen und Trinken war er höchst mäßig.
Kleiderpracht lebte er nicht; am liebsten trug er Kleider, die
seine Töchter gesponnen und gewebt hatten. Nur an Reichs—
lagen und an hohen Festen erschien er in voller Majestät,
mn einer goldenen, von Diamanten strahlenden Kroue auf
dem Haupte, angetan mit einem langen, herabwallenden
Mantel.
An 28. Januar 814 schied Kaiser Karl aus diesem
Leben, indem er sterbend betete: „In deine Hände, o Herr,
befehle ich meinen Geist!“ Sein Andenken aber lebt fort
in den Sagen und Liedern des Volkes
Mach Welter und Bredow.)
39. Prankfurt.
Die besten seiner Helden, sie lagen in Sachsen tot;
Da do Karolus Magnus. der Kaiser, in grosser Not.
Lasst eine Furt uns suchen langshin am schönen Main
6 eh. da liegt ein Nebel; der PFeind ist hinterdreinl