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Das heilige römische Reich deutscher Nation.
dem römischen Kaiser zu gehorchen, den Staat nicht zu schädigen, dem
Reiche keine Lehen zu entfremden und tadellos vor Gott und Menschen
zu leben. Hatte er das Gelübde abgelegt, so gab ihm ein vornehmer
Ritter mit dem Schwerte einen Schlag auf den Hals und nahm ihn
damit in die Ritterschaft auf. Dann folgte ein Fest und Turnier, bei
welchem der neue Ritter seine Waffenfertigkeit zeigte. Seine Gelübde
konnte er wohl nirgends besser erfüllen als in Palästina, daher zogen
viele hunderttausend Ritter nach dem heiligen Lande, von denen vielleicht
niemals der zehnte Mann zurückkehrte, weniger weil sie dort Lehen er¬
hielten und sich ansiedelten, sondern weil die meisten ein Opfer des
Krieges und des fremden Klimas wurden. In Palästina bildeten sich
drei Ritterorden, welche das Ritterthum und Mönchthum mit einander
vereinigten, indem sie die Mönchsgelübde der Armuth (d. h. der Entsa¬
gung eines Privateigenthums), des Gehorsams und der Keuschheit, dazu
die ritterlichen Gelübde und das des immerwährenden Kampfes gegen die
Mohammedaner ablegten; alle drei erkoren die Mutter Gottes zu ihrer
Beschützerin. Diese Orden waren die Johanniter oder Hospitaliter, die
Tempelritter oder Tempelherren und die Deutschherren. Bereits 1048
hatten Kaufleute aus Amalfi ein Benediktinerkloster und ein Spital (des
hl. Johannes) gestiftet, in welchem dürftige Pilger Herberge und Pflege
fanden. Der klösterliche Verein der Wärter gestaltete sich 1099 zum
Orden der Hospitaliter oder Johanniter; derselbe theilte sich in drei
Klassen: Priester, Ritter und dienende Brüder, welche die Kranken pfleg¬
ten. Der oberste Vorsteher hieß der Großmeister; das Ordenskleid war
ein schwarzer Mantel mit weißem Kreuze. Im gleichen Jahre gründe¬
ten zwei französische Ritter, Hugo von Payens und Gottfried von Al¬
demar, den Orden der Tempelritter; die Wohnung der neun ersten Rit¬
ter war auf dem Platze des ehemaligen salomonischen Tempels, weß-
wegen sie Tempelritter (Tempelherren, Templer) genannt wurden. Die
Einrichtung ihres Ordens war ziemlich dieselbe, wie bei den Johanni¬
tern, das Ordenskleid ein weißer Mantel mit achteckigem rothen Kreuze.
Der deutsche Orden (Deutschherren) entstand aus einer deutschen Bru¬
derschaft, welche seit 1128 in einem Hospitale zu Jerusalem deutsche
Pilger verpflegte. Nach der Eroberung Jerusalems traf Herzog Fried¬
rich von Schwaben (s. oben S. 161) die Brüder im Lager vor Pto-
lemais und erhob sie nach dem Vorbilde der Johanniter zu einem Or¬
den, dessen Mitglieder nur Deutsche sein konnten; ihr Vorsteher hieß
Meister, später Hochmeister; das Ordenskleid war ein weißer Mantel
mit schwarzem Kreuze. Auf die Kühnheit der Ritter kann man daraus
schließen, daß die Ordensregel dem Tempelritter vorschrieb, vor drei
Feinden nicht zu weichen, und ihm verbot, den Kampf mit mehr als
zehn aufzunehmen. Diese Ritterorden wurden freigebig beschenkt und