Full text: Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht ([Theil] 1)

Erneuerung des französisch-englischen Krieges. 281 
Kriegsruhmes zu werden. Karl VI. (1330—1422) verfiel 1392 in 
Wahnsinn, der während seines ganzen übrigen Lebens nur durch längere 
und kürzere lichte Zwischenräume unterbrochen wurde. Nun stritten sich 
die Herzoge von Burgund und Berri, seine Oheime, bald auch der 
Herzog Ludwig von Orleans, sein Bruder, um die Regentschaft, und 
zerrütteten Frankreich; die Verwirrung steigerte sich zum förmlichen 
Bürgerkriege, als Herzog Johann der Unerschrockene von Burgund den 
Herzog von Orleans ermorden ließ (24. Nov. 1407). Der Adel 
theilte sich in eine burgundische und in eine orleanistische Partei, für 
welche besonders der Graf d'Armagnak zu handeln vorgab; letztere 
wurde bald durch die Partei des Dauphins ersetzt, seitdem dieser die 
Regentschaft ansprach und als Hauptgegner des Herzogs von Burgund 
auftrat. Alle Nebel der Anarchie und des Kriegs lasteten so schwer auf 
Frankreich, daß das verzweifelnde Landvolk zu den Waffen griff, aber 
dadurch sein Loos nur verschlimmerte, und in den größeren Städten, 
besonders in Paris, die siegende Partei eine blutige Schreckensherrschaft 
ausübte. Die englischen Könige Richard II. und Heinrich IV. schloßen 
zwar keinen endgiltigen Frieden, erneuerten aber den Waffenstillstand 
nach wenig ernsthaften kriegerischen Unternehmungen jedesmal wieder, 
unterließen es jedoch nicht die Wirren in Frankreich durch ihre Machi¬ 
nationen zu unterhalten und möglichst zu steigern. Aber auch die eng¬ 
lischen Zustände gestalteten sich gleichzeitig fast eben so traurig. 
Bei dem Tode Eduards III. war der Thronerbe Richard, der Sohn 
des schwarzen Prinzen, erst 11 Jahre alt und stand unter der Vormund¬ 
schaft seiner Oheime, welche mit den mächtigsten geistlichen und welt¬ 
lichen Herren alle Gewalt an sich rißen, so daß das Königthum nur 
mehr dem Namen nach vorhanden war. Endlich gelang es Richard II. 
diese Partei zu stürzen (1397); allein er machte sich durch Gewaltthaten 
und Erpressungen allgemein verhaßt und als er gegen die irischen Kö¬ 
nige oder Häuptlinge zu Feld zog, kehrten die verbannten Prinzen aus 
Frankreich zurück und fanden bei der Adelspartei Anhang. Richard II. 
wurde von seinen Rittern verlassen und verrathen, und Heinrich von 
Lankaster (der Sohn jenes Oheims von Richard II., der zuerst die vor¬ 
mundschaftliche Regierung geführt hatte) 1399 zum König gekrönt als 
Heinrich IV.; Richard wurde einige Wochen darauf im Schlosse Ponte- 
frakt ermordet. 
Heinrich IV. ließ aber die Großen nicht schalten, wie sie wollten 
und bezahlte ihnen für Richards Sturz und seine eigene Erhebung einen 
blutigen Lohn. Zwar verbanden sie sich mit den Schotten und Wali¬ 
sern, aber diese wurden von Heinrich geschlagen; in der großen Schlacht 
bei Shrewsbury vernichtete er seine Gegner (21. Juli 1403) in 
England, die offenen Aufstand gewagt hatten, und als der Erzbischof
	        
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