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kennen. Die Kometen, welche Ptolemäus wahrscheinlich für Lufterscheinungen
hielt, werden in seinem Systeme nicht aufgeführt. Das ptolcmäische System
erhielt sich über 1500 Jahre hauptsächlich deshalb, weil die Kirche die An¬
hänger der Lehre von der Kugelgestalt der Erde und von den Antipoden
als Ketzer ansah und bestrafte. Im 8. Jahrh, soll der Bischof Vergelius
seines Amts und seiner Würden deshalb entsetzt worden sein.
Es war dem unverdrossenen Streben deutschen Fleißes vorbehalten, jene
hochwichtige Entdeckung zu machen, an der die größten Astronomen und
Denker bisher gescheitert waren. Nikolaus Kopernikus, geb. den 19. Fcbr.
1473 zu Thorn, stellte in seinem berühmten Werke: cke orbium coelestiam
revolutionibus lib. VI. Vorimberg. 1543, ein neues System auf, dessen
Hauptsätze sind: 1) Im Sonnensystem bildet die Sonne den Mittelpunkt
und nicht die Erde; die Sonne hat nur eine Achsendrehung; 2) um die
Sonne bewegen sich die Planeten in Kreisen und in folgender Ordnung : Merkur,
Venus, Erde und Mond, Mars, Jupiter, Saturn. Noch einmal versuchte
die Kirche dem neuen Weltsystem des Kopernikus Einhalt zu gebieten;
Galileo Galilei (st 1642) mußte, wenn auch mit Widerstreben, seine Anficht
von der Bewegung der Erde („und sie bewegt sich doch") öffentlich wider¬
rufen^); allein die Verbesserung des kopernikanischen Systems durch Joh.
Kcppler (geb. 1571 und gest. 1630) hatte bereits allgemeine Anerkennung
gefunden. Der gesunde Menschenverstand fand die neue Lehre vom Weltall
einfach und befriedigend, und kein Verbot konnte daher bewirken, sich von
ihr abzuwenden. Kepplers berühmte Gesetze beruhten auf genauen Beobach¬
tungen und Berechnungen über die Bewegungen des Mars, und sind die
Grundlage der neueren Astronomie geworden. Es sind ihrer drei:
1) Die Planeten bewegen sich nicht in Kreisen, sondern in Ellipsen
um die Sonne. Diese befindet sich in einem der beiden Brennpunkte, welche
eben die Ellipse charakterisiren, und dieser Umstand bewirkt, daß ein Planet
auf der einen Seite feiner Bahn in der Sonnennähe (Perihelium), auf der
entgegengesetzten in der Sonnenferne (Aphelium) sich befindet. Die beide
Punkte verbindende Linie geht durch die beiden Brennpunkte der Ellipse und
heißt die große Achse, oder nach den beiden Apsiden, Punkte der Sonnen¬
nähe und Sonnenferne, auch die Apsidenlinie. Halbirt man dieselbe durch
eine senkrechte Linie, welche bis zu dem Umkreis der Ellipse verlängert wird,
so erhält man die kleine Achse der Ellipse.
2) Jeder Planet legt seine Bahn so zurück, daß die Radii Vektorcs
oder Leitstrahlen, d. i. die vom Brennpunkte nach der Peripherie der Ellipse
gezogenen Linien in gleichen Zeiten immer eine gleich große Fläche über¬
streichen. Die Geschwindigkeit der Planeten ist keine gleichmäßige; im Peri¬
helium bewegen sie sich rascher, als im Aphelium. Eine mittlere Geschwin¬
digkeit haben sie in den Endpunkten der kleinen Achse. Will man daher die
Geschwindigkeit zweier Planeten mit einander vergleichen, so kann dies nur
nach ihrer mittleren Geschwindigkeit geschehen.
*) Galilei beobachtete die Gestirne zuerst mit dem Fernrohr (1608) und entdeckte
Mondgebirge, die Jupiter-Monde, die Sonnensleckeu rc. Auch fand er die Gesetze
des freien Falls der Körper.