Full text: H. G. Bohrs Lehrbuch der Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

Einleitende Übergangszeit. 
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Aus¬ 
lösung 
des 
faroling. 
Reichs. 
während das Reich Lothars, um den eigentlichen Kern des 
Frankenreichs, Austrasien, mit Italien zu verbinden, entstand, indem 
zu Italien hinzugefügt wurden die Provence, das Land 
zwischen Rhone und Alpen und rechts vom Rhone mit 
Lyon, das Herzogtum Burgund zu beiden Seiten des Jura 
bis Aare und Saone, das M 0 s e l l a n d bis zur Marne (das ist die 
Erzdiözese Trier), Ripnarien von der sächsischen Grenze bis zur 
Scheldemüudung und endlich Fries land zwischen den Mündungen 
von Rhein und Weser. So hatte Ludwig säst nur deutsch redende, 
Karl fast nur wülsch redende Unterthanen, während Lothar beide 
vereinigte. Diese unnatürliche Zerreißung an Stelle der bisher er¬ 
strebten gewaltsamen Einigung galt freilich nur für vorläufig. Auch 
galt eine gewisse Gemeinschaft der drei „Könige der Franken" im 
Besitze des der Idee nach fortbestehenden Reichs: der Vertrag von 
Verdun hatte also keinen wesentlich andern Charakter 
als die früheren fränkischen Reichsteilungen, übertraf 
dieselben aber durch seine wichtigen Folgen, denn ihm 
entsprang die 
4. Sonderung des karolingischen Reiches in drei 
selbständige Staaten und insbesondere die Entstehung 
des Deutschen Reichs. Die unter Ludwig vereinigten deutschen 
Stämme bewahrten treuer die d e u t s ch e n S t a a t s f 0 r m e n, da die 
dafür grundlegende Freiheit des gemeinen Mannes sich erhielt 
und das Lehnswesen zunächst nur da zur Geltung kam, wo königliche 
Lehnsleute dem Volke als Beamte entgegentraten, so daß das Königtum 
seinen volkstümlichen Charakter bewahrte. In Westfranken dagegen 
schwand mit der rascheren Ausbildung des Lehnswesens 
die Freiheit des gemeinen Mannes, die großen Lehensleute wurden 
übermütig und drückten das Königtum zu einer bloßen Ehrenstelluug 
herab. Während so der Osten und der Westen sich konsolidierten, löste 
sich das nicht Zusammengehöriges einende Reich Lothars schnell auf. 
Lothar (f 855) überwies seinem Sohn Ludwig II. Italien mit 
dem Kaisertum, Lothar II. das Land zwischen Rhein, Maas und 
Meer (Lotharingien). Nach des letztem Tode 869 teilten seine Oheime 
Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle sein Land 870 
im Vertrage zu Meersen so, daß ersterer die Bistümer Utrecht, 
Strasburg und Basel und die Erzbistümer Trier und 
Köln mit allen dazwischen liegenden weltlichen Gebieten, Karl alles 
übrige erhielt, mithin — freilich ohne Absicht — ungefähr nach der
	        
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