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schon besiegt. Jetzt gab Belisar allen Truppen das Zeichen und befahl,
nur auf die Ochsen, welche die Maschinen zogen, zu zielen. So geschah
es, und mit einem Male waren die Thiere alle durchbohrt, die Thürme
konnten nicht weiter und der Feind wußte sich nicht zu rächen. Die Rö¬
mer aber sahen setzt ein, warum Belisar gelacht hatte und warum er sie
so nahe hatte kommen lassen. Dieses geschah an dem Thore, welches her¬
nach Belisarsthor genannt wurde."
Die Belagerung wurde aufgehoben; im nächsten Jahre fiel auch Ra¬
venna und mit ihm Nitiges selbst in die Hand des Siegers, und so kam
wirklich der größte Theil der Länder, die einst zum altrömischen Reiche
gehört hatten, unter Jnstinian's Herrschaft. Dieser jedoch, in kleinlichem
Neide Belisar's Ruhm mißgönnend, rief den siegreichen Feldherrn aus Ita¬
lien zurück, der alsbald neue Lorbeeren im Kriege gegen die Perser erfocht.
Unterdessen hatten die Gothen nach altem Brauche den Totilas
auf ihrem Schild erhoben und als Nachfolger des Vitiges zum König
ansgerufen. Dieser besiegte die Nachfolger Belisar's und brachte iit Kur¬
zem ganz Italien in seine Gewalt. Nun wurde der große Feldherr nach
der apenninischen Halbinsel zurückgeschickt, aber mit unzulänglichen Streit¬
kräften ausgerüstet. Dennoch eroberte er mit nur tausend Reitern die
ewige Stadt; indem er aber der nöthigen Unterstützung von seinem Hofe
entbehrte, hatte er den Schmerz, wie einst Hannibal, das Land seines
Ruhmes in den Händen der Feinde lassen und auf den Befehl des Kai¬
sers abermals nach Konstantinopel zurückkehren zu müssen.
Sein Nachfolger im Felde, Narses, kam darauf mit einem großen
Heere nach Italien, besiegte den Totilas, der in der Schlacht von- Ri mini
den Heldentod starb, eroberte das auf's diene verloren gegangene Rom und
schlug die Gothen in blutigen Schlachten am Volturno und bei dem alten
Cumä. Mit dem Tode des letzten Gothenkönigs Teja nahm das Reich
der Ostgothen in Italien nach sechzigjähriger Dauer (v. 493—553)
ein Ende. Die letzte Schlacht erfolgte an dem Fuße des Vesuv. „Eine
merkwürdige Schlacht (erzählt derselbe Procopius), worin staunenswerthe
Thaten geschahen. Vor Allen aber kämpfte Tejas heldenmäßig. Als
Morgens früh der Kampf begann, trat er mit Schild und Lanze gerüstet
mit wenigen Begleitern vor die Reihen. Die Tapfersten der Römer
stürmten in großer Zahl gegen ihn, schleuderten Lanzen und schossen Pfeile
gegen den Einzigen. Er fing die Geschosse auf, während er manchen Feind
erlegte, und wenn sein Schild ganz durchbohrt war, vertauschte er ihn mit
einem frischen. So stritt er den dritten Theil des Tages, bis endlich,
während er den Schild, worin zwölf Lanzen staken, abgab, ein Speer die
entblößte Brusi durchbohrte, daß er augenblicklich sank. Die Gothen
kämpften den ganzen Tag, blieben die Nacht unter Waffen und setzten den
folgenden Tag von früh bis in die Nacht den Kampf hartnäckig fort.
Endlich schickten sie Abgeordnete an Narses und erklärten, sie sähen ein,
daß Gott selbst wider sie streite, und baten um freien Abzug ans Italien.