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Frankreichs mit der englischen Krone verknüpft. Mit Heinrich II., dem
Sohne dieser Mathilde, gelangte nach dem Aussterben der normannischen
Könige das Haus Anjou auf den englischen Thron, den es von 1154 —
1483 unter vielen Wechselfällen behauptete. Heinrich brachte Irland an
England (1172) und fügte auf französischem Boden der Grafschaft Anjou
noch andere Länder bei, so daß er mitten in Frankreich ein Besitzthum
hatte, welches einen großen Theil des ganzen Reiches einnahm. König
Ludwig VII. hatte sich nämlich von seiner Gemahlin Eleonora,
Erbgräfin von Guyenne, getrennt. Heinrich II. von England nahm die
Geschiedene zur Gemahlin und erhielt mit ihrer Hand die reiche Erbschaft,
um die es ihm eigentlich zu thun war. Darüber erhob sich ein gewaltiger
Krieg, denn Philipp August II. von Frankreich, der von 1180 bis
1223 regierte, wollte so große Besitzungen der Könige von England in
seinem Reiche nicht dulden. Der Krieg dauerte unter König Heinrich's II.
Sohn Richard Löwenherz fort und wurde nur so lange unterbrochen,
als die beiden Könige in Palästina waren.
Philipp August II. und Richard Löwenherz hatten kurz nach Fried¬
rich's 1. Abreise (wie schon erwähnt) das Kreuz genommen, waren mit
einem großen Heere nach Palästina gezogen, wo sie nach langem Wider¬
stande die feste Stadt Acre eroberten. Allein diese Kriegsgenossenschaft
war nicht geeignet, die Herzen der beiden Könige zu versöhnen, Richard's
Heftigkeit und Stolz vermehrte den alten Groll. Als die Mauern von
Acre erstiegen waren, riß Richard eine Fahne, die der Herzog Leopold
von Oestreich ausgepflanzt hatte, herunter, trat sie in den Koth und richtete
dafür die englische Fahne ans. Dadurch beleidigte er die übrigen Kreuz¬
fahrer; Deutsche und Franzosen verließen Palästina und kehrten heim,
ohne Jerusalem anzugreifen. Richard kehrte nach manchem tollkühnen
Wagestück gleichfalls zurück, litt Schiffbruch an den Küsten des adriati¬
schen Meeres und wollte nun verkleidet seinen Weg durch Deutschland
nehmen. Wie er gefangen und durch seinen Sänger auf seltsam roman¬
tische Weise erkannt wurde, haben wir schon berichtet. Heinrich VI. ließ
sich seine Freiheit mit 180,000 Mark Silbers bezahlen.
So sehr König Richard's Kampflust dem Lande zuweilen beschwer¬
lich fiel, war er doch seines ritterlichen Muthes wegen der Liebling und
der Stolz seines Volkes, in dessen Munde er durch Sagen und Lieder
fast wie der fabelhafte König Artus unsterblich blieb.
Seinen Bruder und Nachfolger dagegen, den König Johann (ge¬
wöhnlich „Johann ohne Land" genannt), der eben so feige als grausam
war und den Thron mit dem Morde eines Kindes, seines Neffen Arthur,
erkaufte, haßte und verachtete das englische. Volk. Im Kriege mit Philipp
August verlor er in der Folge alle französische Besitzungen: die Normandie,
Anjou und Guyenne, und unterwarf sich am Ende, um seinen Thron
durch Rom zu schützen, dem Papste Jnnocentius IIL als Vasall. Da
erhoben sich im Jahre 1215 die Barone des Reiches und zwangen ihn,