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In dieser Noch und Verwirrung sandte Themistokles nächtlicher
Weile einen getreuen Boten, den Aufseher seiner Kinder, an den Perserkönig
und ließ ihm sagen: „Die Griechen seien in Zwist unter sich und würden
am folgenden Morgen sich trennen. Er, sein Freund, melde ihm dies,
damit er seine Maaßregeln darnach treffen könne." Xerxes ließ sich über¬
listen. In der Nacht noch ward die griechische Flotte im großen Halbkreis
umzingelt. An ein Entrinnen war nicht mehr zu denken. In derselben
Nacht kam der verbannte Aristides auf leichtem Boote von Aegina
herüber. Er ließ den Themistokles aus der Rathsversammlung rufen.
„Ich komme", sprach er zu ihm, „dem bedrängten Vaterlande beizustehen;
bin ich auch des Landes verwiesen, zur See wirst du mich doch mitkämpfen
lassen. Es soll kein anderer Streit mehr zwischen uns sein, als, welcher
von uns dem Vaterlande nützlicher sein könne." Themistokles entdeckte ihm
seine List und Aristides verkündigte den versammelten Führern, daß sie umringt
seien und gezwungen, für die Freiheit des Vaterlandes zu kämpfen.
Am 20. September 480 vor unserer Zeitrechnung war es, daß die
große Seeschlacht bei Salamis geschlagen ward. 370—380 hellenische
Schiffe stritten gegen eine mehr als doppelt so starke Kriegsflotte, die mit
Seetruppen und Schiffsleuten auf das Trefflichste versehen war. Vor dem
Beginn des Kampfes stimmte das gesammte griechische Heer den helleni¬
schen Nationalgesang zur Ehre Appollons, den Päon an, daß es rings
von den Felsen wiederhallte, dann gab ein Trompetenstoß das Zeichen zum
Angriff. Das Gefecht war heiß und lang, der Erfolg eine vollständige
Niederlage der persischen Flotte. Anfangs zwar schienen die Perser Stand
zu halten, und, vor der Uebermacht erschreckend, wichen die Griechen teil¬
weise zurück. Dann aber drängte sich die Menge der persischen Schiffe
in der Meeresenge, wo keines dem andern Hülfe leisten konnte; sie rannten
gegen einander, zerschmetterten sich die Ruder, bohrten sich in den Grund,
während die Griechen in ihrer Minderzahl in geschlossener Schlachtordnung
kämpften. Verwirrung und Schrecken fiel alsbald auf das Heer der Per¬
ser , in wilder Flucht strebten ihre Schiffe zu entrinnen. Trümmer und
Leichen bedeckten das Meer, Wehklagen und Schlachtgeschrei erfüllte die
Luft. Werpes sah vom Ufer ans die Niederlage seiner Flotte. Er zer¬
raufte sich das Haar, zerriß seine Kleider. Mit diesem Schlage war seine
Macht in Hellas gebrochen. Als Flüchtling kehrte er in angstvoller Eile
mit einer kleinen Heeresabtheilung nach Sardes zurück. Mardonius blieb
mit dem Landheere in Griechenland und überwinterte in Böotien. Im
Frühling 479 stellte sich ihm ein vereinigtes Griechenheer unter Anführung
des Spartaners Pausanias entgegen. Nach langem Zaudern von beiden
Seiten errangen die Griechen den glänzenden Sieg bei Platäa, wo das
ganze persische Lager mit all' seinen orientalischen Kostbarkeiten in ihre
Hände fiel. Der spartanische Feldherr Pausanias, welcher Anfangs sein
Heer mit übergroßer Vorsicht bei den täglich sich wiederholenden kleinen
Angriffen des Feindes vertheidigungsweise in einer befestigten Stellung zu¬
rückgehalten hatte, war schon auf dem Rückzug begriffen, den er gegen den