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das Vaterland seiner bedurfte und die Führung der hellenischen Flotte von
den Spartanern an die Athener überging, da Pansanias, der Sieger bei
Platäa, des offenen Verrathes und Einverständnisses mit dem Perserkönig
überwiesen, eines quäl- und schmachvollen Hungertodes im Tempel der
Athene zu Sparta starb, wohin er als Schutzflehender geflohen und dort
eingeschlossen worden war. Man sagt, seine Mutter habe den ersten Stein
gelegt, um den Vaterlandsverräther einzumauern.
Der unermüdlichen Thätigkeit der Athener war es gelungen, daß eine
bedeutende Zahl der kleineren Gemeinwesen und Inseln sich dem attischen
Volksstaate freiwillig oder gemeinsam anschlossen und in eine Art unter-
thäniger Bundesgenossenschaft mit ihm traten. Die Hauptstadt selbst zu
befestigen, war nun die nächste Sorge der Athener. Schon Themistokles
hatte die Ummauernng begonnen, znm großen Mißfallen der Spartaner;
später wurde auch der piräische Hafen durch die sogenannten langen
Mauern in die Befestigung der Stadt mit eingeschlossen.
Mit der wachsenden Macht Athens aber erhoben sich die inneren
Streitigkeiten der griechischen Staaten gegeneinander und wo und um wel¬
cher Ursache auch der Zwist entbrennen mochte, nirgends fehlte die geheime
Triebfeder aller Zwietracht in Griechenland, die Eifersucht zwischen Sparta
und Athen. In jene Zeit gehört der Beginn des später so verhängniß-
vollen Kampfes zwischen der Insel Korcyra und Korinth; ein Krieg zwi¬
schen Doris und Phocis, heftige Parteikämpfe in Böotien, wo Sparta,
den Athenern zum Nachtheil, die Herrschaft Thebens begünstigte, bei Ta-
nagra einen bedeutenden Sieg über sie erfocht, dafür aber bei Oenophyta
eine Schlacht verlor, durch welche die Athener Herren über Lokris, Phocis
und Boötien wurde. Dann ein unglücklicher Zug der Athener nach Aegypten,
um einer dort ausgebrochenen Empörung gegen die Perser hülfreich zu
sein und eine erfolglose Expedition gegen Thessalien. Hierauf die Ein¬
nahme der Inseln Thasos und Naxos; der dritte messenische Krieg endlich,
welchen Sparta gegen die sich empörende Helotenbevölkerung des unter¬
drückten Landes zu führen hatte, während ein furchtbares Erdbeben den
größten Theil der Stadt Sparta verheerte; dies Alles war wohl geeignet,
die hellenischen Völker in ängstlicher Spannung zu erhalten. Um diese
Zeit auch wurden die ehrwürdigen, trenhellenischen Städte Tyrinth und
Mycene von dem perserfrenndlichen Argos zerstört.
Athen war aus all' diesen Kämpfen mit erhöhter Macht hervorge¬
gangen. In dem griechischen Mutterlande selbst gehörte ihm die Herr¬
schaft über Megara, Lokris, Phocis, Böotien, und an der östlichen Küste
des Peloponnes über Trözene. Athens Einfluß beherrschte auch Achaja
und Argos zählte sich zu seinen Verbündeten. Die ganze reiche Inselwelt
des ägäischen Meeres, mit Ausnahme von Melos und Thera, ein Theil
der Insel Kreta, das fruchtreiche Euböa erkannte seine Herrschaft an, nicht
minder die meisten Städte Kleinasiens und alle Ansiedelungen in Thracien
und am Hellespont. Der sogenannte Cimon'sche Friede schloß den langen