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ständige, aus eigenem Nrtheil geschöpfte Ansichten auf, welche ihrer Natur
nach den Widerspruch, und mit diesem neue Forschungen Hervorrufen.
Solche Bücher dürfen freilich nur selten auf den Namen eines voll¬
endeten Kunstwerkes Anspruch machen. Sie werden nicht bei dem Klange
der Leier gelesen und man hört sie nicht mit Thränen des Entzückens und
der Bewunderung, wie dies von den alten Geschichtschreibern erzählt wird.
Aber das redliche Streben nach Wahrheit verliert deshalb nichts an seiner
Geltung; und vielleicht mag auch derjenige nicht vergeblich arbeiten, dessen
bescheidenes Ziel nur daraus gerichtet ist, einen kleinen Theil dessen, was
die Kenntniß und der Scharfsinn der Gelehrten an das Licht gefördert
und was die Kritik als wahr erkannt hat, ohne Anspruch ans selbstständige
Forschung in besonderer Berücksichtigung seines sittlichen und gemüthlich-
poetischen Inhaltes zur Darstellung zu bringen. Vielleicht wird sich auch
bei der gegenwärtigen einfachen Erzählung manches Auge Heller erschließen
und manches junge Gemüth lebhafter erwärmen im Hinschauen auf die
wunderbare Gestaltung der menschlichen Geschicke; auf das Entstehen,
Wachsen, Blühen, Welken und Vergehen, welches in seinem ewigen Kreis¬
läufe das Leben der Völker bedingt, wie es in dem stillen Gange der
Natur nach unwandelbaren Gesetzen waltet. Wir sehen die Völker im
Jugendalter ihre Kräfte nach Außen entfalten. Waffengewalt in Verthei-
digung und Eroberung, glänzendes Heldenthum füllen die Blätter ihrer
frühesten Geschichte. Die innere Entwickelung der Staaten ruft die Be¬
schäftigungen des Friedens hervor; Macht und Reichthum begünstigen die
Pflege der Wissenschaften und Künste; die Zeit der Blüthe ist da. Dann
führt weichliche Verfeinerung die Verfallszeit herbei. Innerliches Siech¬
thum ergreift Stämme und Stationen wie den einzelnen Menschen. Es
kommt das Alter, es kommt der Tod; und sie vergehen, um andern Geschlech¬
tern , andern Zeiten Raum zu geben. So ist die Herrlichkeit des Alterthums
dahingeschwunden; in Schutt und Trümmern liegen seine Städte und seine
mächtigen Königsburgen und wir graben die alten Bildwerke aus der Erde,
um an ihnen zu lernen, was wahre Schönheit sei. So schwand das Mit¬
telalter, das glanzvolle Ritterthum, mit seiner rauhen Kraft und seiner
zarten Poesie, uni dem Erwachen des Geistes Platz zu machen, welcher die
neue Zeit verkündigte, und auch diese wird dem gleichen Schicksal, nicht ent¬
gehen, denn der Laus der Dinge ist und wird derselbe sein vom Anbeginn
bis zum Ende der Zeiten.
In der Geschichte des alten Herodot heißt es: „Ich will in meiner
Erzählung berühren beide, die großen und die kleinen Städte der Men¬
schen ; denn die vor Alters groß waren, deren sind viele klein worden, und
die groß sind zu meiner Zeit, die waren klein worden. Da ich nun weiß,