Full text: [Geschichte des Alterthums] (Theil 1)

360 
Siehe, dereinst wird kommen der Tag, da in jenen Bezirken 
Mit gebogenem Pfluge die Erde aufrüttelnd der Landmann 
Römische Speer' auswühlt, von schartigem Roste genaget, 
Oder mit schwerem Karst hohlklingende Helme hervorschlägt, 
Und die großen Gebein' anstaunt aus durchhöhleten Gräbern. 
Nach dem Tode des Brutus und Cassius fanden sich die Triumvirn 
im unbestrittenen Besitze der Macht: der schlaue, gewandte, geduldig seinen 
Vortheil erwartende und nie ermüdende Octavian, der gesinnungs- und 
schamlose Wüstling Antonius und Lepidus, dessen Nichtigkeit ihm die 
unwürdigste Rolle schon von vorn herein vorgezeichnet hatte. Octavian 
und Antonius behandelten ihn so, wie er es verdiente. Während der Er- 
stere sich die westlichen Länder, Italien, Gallien und Spanien vorbehielt 
und Asien und Aegypten an Antonius fiel, mußte sich Lepidus mit dem 
römischen Afrika begnügen. 
Antonius, welcher sich alsbald an die Unterwerfung seiner Provinzen 
machte, lebte in Kleinasien, seiner zügellosen Natur freien Lauf lassend, 
in unerhörter Schwelgerei. Um die dazu nöthigen Summen zu gewinnen, 
legte er dem unglücklichen Volke Brandschatzungen auf, wie sie Sulla nie 
gefordert hatte. In Cilicien forderte Antonius die ägyptische Königin 
Kleopatra, die dem Brutus und Cassius Beistand geleistet hatte, vor 
seinen Richtcrstuhl. Sie erschien, aber nicht um sich zu verantworten, 
sondern um den leichtsinnigen Mann zu blenden und in ihre Netze zu ver¬ 
stricken. Antonius zog mit ihr nach Aegypten und versank dort in ein 
Leben, wie es in seiner tiefsten Verdorbenheit nur an den syrischen Höfen 
heimisch war. Er verläugnete alle römische Sitte und arbeitete in seinem 
uusinnigen Uebermuth nur dem Octavian in die Hände, dessen Kälte und 
Ueberlcgtheit ihn fähig machten, stets den rechten Moment zu ergreifen. 
Indessen hatte Octavian keine leichte Aufgabe. Noch ein Republikaner 
lebte, Sextus, der heldenmüthige Sohn des großen Po mp ejus, der 
bisher in Spanien als heimathloser Flüchtling herumgeirrt war. Er zog 
die republikanische Flotte an sich, eroberte mit derselben Sicilien und die 
übrigen Inseln des mittelländischen Meeres, bot dem Octavian vier Jahre 
lang die Spitze und versetzte selbst die Stadt Rom einigemal in Hungers- 
noth und Aufruhr, indem er derselben alle Zufuhr abschnitt und kein Korn 
aus Sicilien dahin gelangen ließ. Nicht minder erregte die Eifersucht 
von Antonius'Gemahlin, der schrecklichen Fulvia, in Rom einen förm¬ 
lichen Krieg gegen beide Triumvirn, indem sie selbst sich zur Wiederher¬ 
stellung der Republik mit dem Bruder des Antonius verband. Octavian 
ward durch diese doppelten Angriffe nicht wenig in die Enge getrieben; 
doch starb zu seinem Glück um diese Zeit das ränkesüchtige Weib. Anto¬ 
nius kam nach Italien und verband sich mit Sextus Pompejus gegen 
Octavian. Dieser wurde von seinen Truppen gezwungen, den Frieden an¬ 
zubieten, zu dessen Bekräftigung Antonius die Halbschwester des Octavius, 
die vortreffliche, mit allen weiblichen Tugenden gezierte Octavia, die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.