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Siehe, dereinst wird kommen der Tag, da in jenen Bezirken
Mit gebogenem Pfluge die Erde aufrüttelnd der Landmann
Römische Speer' auswühlt, von schartigem Roste genaget,
Oder mit schwerem Karst hohlklingende Helme hervorschlägt,
Und die großen Gebein' anstaunt aus durchhöhleten Gräbern.
Nach dem Tode des Brutus und Cassius fanden sich die Triumvirn
im unbestrittenen Besitze der Macht: der schlaue, gewandte, geduldig seinen
Vortheil erwartende und nie ermüdende Octavian, der gesinnungs- und
schamlose Wüstling Antonius und Lepidus, dessen Nichtigkeit ihm die
unwürdigste Rolle schon von vorn herein vorgezeichnet hatte. Octavian
und Antonius behandelten ihn so, wie er es verdiente. Während der Er-
stere sich die westlichen Länder, Italien, Gallien und Spanien vorbehielt
und Asien und Aegypten an Antonius fiel, mußte sich Lepidus mit dem
römischen Afrika begnügen.
Antonius, welcher sich alsbald an die Unterwerfung seiner Provinzen
machte, lebte in Kleinasien, seiner zügellosen Natur freien Lauf lassend,
in unerhörter Schwelgerei. Um die dazu nöthigen Summen zu gewinnen,
legte er dem unglücklichen Volke Brandschatzungen auf, wie sie Sulla nie
gefordert hatte. In Cilicien forderte Antonius die ägyptische Königin
Kleopatra, die dem Brutus und Cassius Beistand geleistet hatte, vor
seinen Richtcrstuhl. Sie erschien, aber nicht um sich zu verantworten,
sondern um den leichtsinnigen Mann zu blenden und in ihre Netze zu ver¬
stricken. Antonius zog mit ihr nach Aegypten und versank dort in ein
Leben, wie es in seiner tiefsten Verdorbenheit nur an den syrischen Höfen
heimisch war. Er verläugnete alle römische Sitte und arbeitete in seinem
uusinnigen Uebermuth nur dem Octavian in die Hände, dessen Kälte und
Ueberlcgtheit ihn fähig machten, stets den rechten Moment zu ergreifen.
Indessen hatte Octavian keine leichte Aufgabe. Noch ein Republikaner
lebte, Sextus, der heldenmüthige Sohn des großen Po mp ejus, der
bisher in Spanien als heimathloser Flüchtling herumgeirrt war. Er zog
die republikanische Flotte an sich, eroberte mit derselben Sicilien und die
übrigen Inseln des mittelländischen Meeres, bot dem Octavian vier Jahre
lang die Spitze und versetzte selbst die Stadt Rom einigemal in Hungers-
noth und Aufruhr, indem er derselben alle Zufuhr abschnitt und kein Korn
aus Sicilien dahin gelangen ließ. Nicht minder erregte die Eifersucht
von Antonius'Gemahlin, der schrecklichen Fulvia, in Rom einen förm¬
lichen Krieg gegen beide Triumvirn, indem sie selbst sich zur Wiederher¬
stellung der Republik mit dem Bruder des Antonius verband. Octavian
ward durch diese doppelten Angriffe nicht wenig in die Enge getrieben;
doch starb zu seinem Glück um diese Zeit das ränkesüchtige Weib. Anto¬
nius kam nach Italien und verband sich mit Sextus Pompejus gegen
Octavian. Dieser wurde von seinen Truppen gezwungen, den Frieden an¬
zubieten, zu dessen Bekräftigung Antonius die Halbschwester des Octavius,
die vortreffliche, mit allen weiblichen Tugenden gezierte Octavia, die