Full text: [Geschichte des Alterthums] (Theil 1)

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die Sieger vertheilt. Temenos erhielt das Stammland Argos; Kres- 
Phontes durch betrügerisches Loosen das reiche Messenien; dem Aristode- 
mos fiel Lakonien zu und dem einäugigen ätolischen Führer, Oxylos, ge¬ 
statteten die Herakliden den Besitz des Landes am Alpheos, des alten 
P.isatis, welches später in Elis anfging, und dessen Bewohner die Ver¬ 
walter der olympischen Heiligthümer wurden. Ein Angriff der Dorer ans 
Attika mißlang durch die heldenmüthige Aufopferung des Königs Co- 
drus, welcher freiwillig im Lager der Feinde den Tod suchte, um einen 
alten Orakelspruch zu erfüllen, der den Sieg demjenigen Heere verhieß, 
dessen König von den Gegnern getödtet würde. Im Peloponnes erhielten 
sich Arkadien und Achaja allein frei von der dorischen Herrschaft, die sich 
in der Folge am entschiedensten in Lacedämon oder Sparta ausbildete. 
Die Umgestaltung des Peloponnesos durch den Heraklidenzug be¬ 
schränkte ihre Folgen nicht auf den heimischen Boden; sie ward auch, we¬ 
nigstens theilweise, die Ursache der Uebersiedelungen auf die benachbarte 
Küste von Kleinasien. Schon früher hatten sich ans Böotien und Thessa¬ 
lien einzelne auswandernde Schaaren auf den Inseln des ägäischen Mee¬ 
res festgesetzt, so die pelasgischen Tyrrhener, vertriebene Cadmeer und 
Minyer. Jetzt sandte auch der Peloponnes seine Ansiedler aus, die, durch 
die Dorier aus ihren Wohnsitzen verdrängt, eine neue Heimath über dem 
Meere suchten, auf den nahen Inseln und dem kleinasiatischen Festlande, 
welches durch den trojanischen Krieg in nähere Beziehung zu Griechen¬ 
land getreten war. Wanderungstrieb, Erobernngslnst und ein beweglicher, 
Veränderung liebender Sinn zogen in einem Zeiträume von nahezu hun¬ 
dert Jahren ganze Schwärme Auswanderer aus allen Theilen Griechen¬ 
lands nach dem gesegneten Küstenlande. Die äolischen Niederlassungen 
wandten sich nach den nördlichen Inseln, Lesbos, Tenedos, und legten auf 
dem alten Gebiet von Troja eine Zahl von Städten an, unter welchen 
Kyme die bedeutendste war. Südlicher erstreckte sich die jonische Kolo¬ 
nie, die sich eines Klima's und einer Natur rühmen durfte, wie sie keinem 
hellenischen Lande reicher gespendet waren. Ihr gehörten die blühendsten 
Städte der griechischen Niederlassungen, Miletos, Ephesos, Priene, Pho- 
käa u. a. m., in welchen das jonische Kulturleben sich in raschem Steigen 
entfaltete. Auch die Inseln Chios und Samos gehörten dem jonischen 
Bunde an, so wie das äolische Smyrna sich ihm anschloß. Der dori¬ 
schen Städte zählte man sechs; unter ihnen Halikarnassos, des Herodot 
Geburtsort. Jede einzelne dieser Kolonien gründete wieder Pflanzstädte 
zweiten Ranges; so zählte Miletos allein über 80 Töchterstädte und es 
entstanden blühende Staaten, deren Reichthum und Macht wohl mit dem 
Mutterlande wetteifern konnten. 
Doch Kleinasien genügte dem erwachten Unternehmnngssinn der Grie¬ 
chen nicht mehr allein. — Die Küste von Thracien und Macedonien, 
Unteritalien und Sicilien bedeckte sich mit Pflanzstädten hellenischen Ur¬ 
sprungs; die griechische Sprache ward die herrschende, wo griechische
	        
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