Full text: Mit einem Stahlstich (Bd. 1)

32 
Zweites Hauptstück. 
aufgeschlossen. Daß es so kommen werde, hat Kongfutse 
allerdings nicht vorausgesehen; aber daß es so gekom¬ 
men ist, müssen wir als ein nothwendiges Ergebniß sei¬ 
ner Lehre betrachten. Gehen wir daher ans diese über. 
Ticn, der höchste Herrscher und Herr, durchdringt 
Alles und weiß Alles; er hat keine Ohren, und doch 
gibt es nichts, das er nicht vollkommen hörte; er sieht 
nicht mit Augen, doch ist nichts, das er nicht vollkom¬ 
men schaute; er ist das Erbarmen selbst, aber er prüft 
auch Alles und hält über Alles sein Gericht. Während 
das erste Glied des Alls der Himmel ist mit seinem im 
Lauf der Gestirne sich abspiegelnden Gesetz, das zweite 
Glied die Erde mit Wasser, Feuer, Metallen, Winden, 
Donner, Regen und allen ihren Erzeugnissen, so tritt 
der Mensch als das dritte Glied auf, unter allem Leben¬ 
digen allein mit Erkenutnißvermögen begabt und mit 
der Fähigkeit zum Guten oder Ävsen ausgerüstet. Als 
dieses wesentliche Glied im All greift er auch noth- 
wendig ein in das Bestehen des Ganzen. Bleibt er in 
der rechten Mitte, regelt er durch Vernunft die Leiden¬ 
schaften, so ist Gleichgewicht im Ganzen und der Mensch 
wirkt in Gemeinschaft mit Himmel und Erde zur Erhal¬ 
tung und Beschützung der Dinge in ihrem Daseyn. Der 
Zustand der Vollkommenheit des Alls wird erreicht. Aber 
durch die Sünde des Menschen und sein Abweichcn von 
der rechten Mitte wird das Gleichgewicht im Leben des 
Weltalls gestört ; der Lauf der Gestirne, die Jahreszei¬ 
ten, der Vvgelflug, die Witterung, gerathen in Unord¬ 
nung , wenn aus des Menschen Brust das rechte Maaß 
verschwunden ist. Der Kaiser insonderheit ist der Sohn 
des Himmels, ein Abbild und Stellvertreter desselben 
auf Erden. Daher soll er, dem Himmel ähnlich, das Volk 
durch Wvhlthaten beglücken; daher haben auch seine 
Fehler zumeist eine Zerrüttung der Natur unmittelbar in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.