Viertes Hauptstück.
422
war im Jahre 1322 ebenfalls mit Tode abgegangen, und
nach ibm hatte wieder ein Bruder, der vorhin genannte
Karl IV. oder S ch ö n e den Thron bestiegen. Zur rö¬
mischen Königswahl kam es jedoch nicht; denn als 1324
die Kurfürsten von Mainz und Köln sammt päbstlichcn
und französischen Gesandten nach vorausgegangner Bera-
tbung zu Reuse über den Rhein fuhren, um in Bar für
Rübe mit Karl von Frankreich und Leopold von Ocstrcich
znfammcnzukvmmen, welcher Letztere, weil Ludwig seinen
Bruder nicht herausgab, die Krone lieber einem Fremden
gegönnt hätte, legte Bert hold von Bn check, Deutsch-
ordcnskommenthur in Koblenz und Bruder des Erzischoffs
von Mainz, wider das schjmpsiiche Beginnen so lebhaften
Widerspruch ein, daß die Sache sich zerschlug; Ludwig
aber gewann Freunde in einem Mönchsorden, welche ihm
größre Dienste gegen den Pabst leisten konnten, als
Deutschlands Fürsten. Hiemit verhielt es sich so: die
Dominikaner behaupteten, Christus habe strdische Güter
nicht blos gebraucht, sondern auch besessen, zwar nicht
persönlich, aber in Gemeinschaft mit den Aposteln; die
strengern unter den Minoriten aber sagten: ,, auch von
dem Bissen, den wir in den Mund stecken, haben wir
nur den Genuß, nicht das Eigcnthum," und hielten un¬
verrückt an der Ordensregel fest, die ihren Klöstern
weder liegende Gründe noch Kapitalien gestattete. Der
Pabst gab den Dominikanern Recht: die strengern
Minoriten erklärten seine Entscheidung für ketzerisch,
griffen seine Unfehlbarkeit an, appellirten von sei¬
ner Auktorität an ein allgemeines Concil; dagegen er¬
mangelte der Pabst keineswegs, ihre Häupter, den Or-
dcnsgeneral Michael von Cäsena und mehrere Pro¬
vinzialen, darunter Wilhelm Oec am von England,
welcher schon iin Streite Philipps IV. mir Bonisaz die
weltliche Gewalt gegen die päbstliche in Schutz genommen
hatte, den Nikolaus von Frankreich und Heinrich
von Thal heim in Obcrdeutschland, ernstlich zu verfol¬
gen. Viele Minoriten nahmen daher ihre Zuflucht zu