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722 Zehntes Hauptstück.
als die der Republik zu leiten, zumal, da der Schwär¬
mer Savanarvla, ein Dominikanermönch aus Padua,
seit 1489 im Kloster Sa. Marco zu Florenz, eine wun¬
derbare Bewegung der Gemächer hervvrrief. In gewal¬
tiger Rede strafte er die Sünden des gemeinen Mannes
wie der Fürsten und des Pabstcs mit rücksichtsloser Frei-
müthigkcit, und verkündigte eine Läuterung der Kirche
durch schwere Drangsale; als ein Prophet schreckte er oft
die Hartnäckigen durch Offenbarung ihrer geheimsten Sün¬
den, weissagte den Untergang der Mediceer und den
Heereszug eines fremden Königs über die Alpen, und
glühte zugleich für die Republik: schon den sterbenden
Lorenzo soll er aufgefordcrt haben, der Stadt ihre Frei¬
heit wieder zu geben, und je weniger Pietro dem Dater
glich, desto mehr wurde durch den feurigen Bußprediger
der Grund, worauf das medicecische Haus ruhte, unter¬
höhlt. Der Pabst, an welchem Ludwig Moro einen Ver¬
bündeten suchte, war Alexander VI. Borgia, der
1492 nach dem Tode Jnnoccnzens VIII. sowohl seinen
Mitbewerber Ascanio Sforza, Ludwigs Bruder, als auch
die Mehrzahl der Wähler, 15 von 20, durch Bestechung
auf seine Seite gebracht und so durch offenbare Simonie
die dreifache Krone erlangt hatte. Seine Erwählung
war ein Schrecken für alle Wohlgesinnten, weil Borgias
Charakter voll Habsucht und Grausamkeit, voll Lüge
und Treubruch, einen Pabst ankündigte, dem Nichts
heilig seyn werde. Mit Rosa Vanozza zeugte er
mehrere Kinder; mit seiner Tochter Lucrezia soll er,
wie sein Sohn Cäsar Borgia, in Blutschande gelebt,
und Letzterer soll seinen Bruder, Herzog von Gandia,
aus Eifersucht wegen Lucretias ermordet haben. Je fre¬
cher er der öffentlichen Meinung Hohn sprach, desto nö-
thiger fand er, durch Büchcrcensur sie zu unterdrücken;
falsch und scheinheilig war er oft nur zu seinem Vergnü¬
gen; doch lastete minder auf dem Volke, dem er sich
mild bewies, als auf den Großen und Mächtigen, unter
denen er durch Gift und Dolch wüthete, seine Herrschaft,