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Die Nationalversammlung. 115
alle übrigen Feudalrechte, und stellte es dem guten Wik.
len der hvhern Stände anheim, in wichtigen Fällen mit
den Bürgerlichen zu berathen. „Ich be.fehle Ihnen,
meine Herren," sagte er am Schluß, »sich sogleich zu
trennen, und morgen in 3 abgesonderten Sälen ihre Zu¬
sammenkünfte fortzusehen.« Murren des Unwillens lief
durch die Reihen des dritten Standes. »Darum," flü¬
sterte man sich zu, »ist Nccker weggeblieben, weil er
solche Gewaltschritte verabscheut.« Während man bei
Hof dem Könige Glück wünscht, fordert der Ceremonien-
meister Marquis de Breze umsonst Gehorsam für je«
neu Befehl. Eie haben hier weder Stimme noch Sitz,«
ruft ihm Mirabeau entgegen: »sagen Sie Ihrem Herrn,
daß wir im Namen des Volkes hier sind, und nur den
Bayonnerten weichen." Arbeiter treten ein, um die
Banke wegzunehmen, Bewaffnete ziehen durch den Saal,
Leibwächter erscheinen vor der Pforte: die Deputirten
bleiben unbeweglich auf ihren Sitzen. Ihre Beharrlich«
keit trug den Sieg davon: den 24. kam vollends die
Mehrzahl der Klerisei herüber: auf den 25., scheint es,
war ein Hauptstrcich vorbereitet. Orleans las im Ztm-
mcr des Adels einen Vorschlag ab, laut dessen dieser
Stand sich zur Nationalversammlung begeben, und die
Bereinigung seiner Vollmachten ankündigen sollte. Wäh¬
rend des Lesens sank er ohnmächtig zusammen: man
wollte ihm Luft schaffen, und entdeckte, daß er 7 bis 8
Westen und darunter einen Panzer von Pappendeckel trug.
Der Plan, wie man versichert, bestand darin, den Her«
zog als Neichsprotektor auszurufen, und den widerstre«
benden Adel durch gedungne Leute zu ermorden, die auch
wirklich am 25. in den großen Saal drangen, aber ihre
Cchlachtopfer nicht fanden; denn der Adel verwarf den
Vorschlag, worauf Orleans mit 47 Mitgliedern zu den
Bürgerlichen übertrat. Geschreckt forderte der König auch
die übrigen Edelleute und Geistlichen auf, sich anzu¬
schließen, — nur auf kurze Zeit, wie man zu verstehen gab,
nur bis genügende Militärkräfte gesammelt seyn würden:
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