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Das war aber die Losung, ihn zu ermorden. Wenn nun der Unglückliche
voll Freude über seine Errettung davongehen wollte, fielen die Mörver über
ihn her, und schlugen ihn todt. Ein ehemaliger Minister (Graf Montmorin)
wurde gar lebendig an einen Pfahl gesteckt, und so nach der gesetzgebenden
Versammlung getragen. Nur sehr Wenige erhielten ihre Freiheit wieder.
Unter allen in diesen Tagen Ermordeten ist Niemand mehr bedauert
worden als die liebenswürdige Prinzessin La mballe, aus dem Hause Sa¬
voyen, eine treue Freundin der Königin. Schon hatte sie sich nach Italien
gerettet, da hörte sie von der traurigen Lage Marie Antoinettens, und so¬
gleich kehrte sie zurück, um mit ihr jedes Schicksal zu theilen. Sie war mit
ihrer .Freundin in den Tempel gebracht worden; aber schon nach wenigen
Tagen wurde sie nach einem schmerzlichen, thränenvollen Abschiede in ein
anderes Gefängniß geführt, und nun vor den Tisch des Richters gerufen.
Die Mörder ergriffen sie nach der gegebenen Losung, mordeten sie mit Keu¬
lenschlägen, steckten den abgeschnittenen Kopf, den die blonden Locken um¬
flogen, auf eine Pike, schleiften den blutigen Körper hinterher, und zogen so
nach dem Tempel. Ein entsetzlicher Kerl schritt voran, trug das blutende
Herz der Ermordeten in der Hand, und hatte sich die Gedärme um den
Arm gewickelt. So ging der Zug nach dem Tempel; die königliche Familie
wurde genöthigt, ans Fenster zu treten, um den Kopf der gemordeten Freun¬
din zu sehen. Man kann denken, wie die Königin zusammenschauderte.
In diesen entsetzlichen Septembertagen kamen in Paris an 61100 Per-
»sonen um; zuletzt waren die Arme der Mörder so ermüdet, daß man die
Gefangenen reihenweise mit Kanonen niederschoß. Dies Morden dauerte vom
2. bis 7. September, und nun wurden die übrigen Städte des Reichs auf¬
gefordert, sich auch so der Feinde der Revolution zu entledigen. Es waren
entsetzliche Tage. Alle Wohlgesinnte bargen sich ängstlich in ihre Wohnungen,
und hörten Tag und Nacht nichts als die dumpfen Tritte der nmherziehenden
Wachen, das Anschlägen an die Thüren, und das Schreien der Unglücklichen,
deren Väter oder Gatten zum Tode geschleppt wurden.
Die gesetzgebende Versammlung war zu schwach und furchtsam, um die¬
sen Greueln Einhalt zu thun, hatte überdies auch ihF Ende erreicht. An ihre
Stelle trat 21. Sept. 1792 der Nationalconvent, und da der Pöbel und
die Jakobiner wählten, so waren es meist nur Vösewichter, welche man dazu
nahm. Daß Robespierre, Marat, Danton, Orleans — der sich
jetzt aus republikanischem Eifer Egalit^ nannte — Pethion, der blutdürstige
Collot d'Herbois und andere Blutmenschen dazu gehörten, verstand sich
von selbst. Die Freiheitsschwärmerei dieser Menschen gränzte fast an Ver¬
rücktheit; es wurde beschlossen, daß das Königthum ein Verbrechen, jeder
König ein Empörer sei, und es wurde im Ernst vorgeschlagen, eine Rotte
von 1200 Tyrannenmördern zu errichten, um alle Fürsten auszurotten. Ma¬
rat erklärte, es müßten noch wenigstens 250,000 Köpfe fallen, ehe die Re¬
publik sicher sein könne. — Aber auch im Convente zeigten sich bald zwei
feindselige Parteien. Die Girondisten — so nannte man die, welche
zwar auch zur Absetzung des Königs beigetragen hatten, aber nun in die
neue Republik Ordnung einführen wollten — betrachteten die wilden Jako¬
biner, von denen die allerheftigsten sich Cordeliers nannten, als ihre