Full text: Neueste Geschichte (Theil 4)

31 
Das war aber die Losung, ihn zu ermorden. Wenn nun der Unglückliche 
voll Freude über seine Errettung davongehen wollte, fielen die Mörver über 
ihn her, und schlugen ihn todt. Ein ehemaliger Minister (Graf Montmorin) 
wurde gar lebendig an einen Pfahl gesteckt, und so nach der gesetzgebenden 
Versammlung getragen. Nur sehr Wenige erhielten ihre Freiheit wieder. 
Unter allen in diesen Tagen Ermordeten ist Niemand mehr bedauert 
worden als die liebenswürdige Prinzessin La mballe, aus dem Hause Sa¬ 
voyen, eine treue Freundin der Königin. Schon hatte sie sich nach Italien 
gerettet, da hörte sie von der traurigen Lage Marie Antoinettens, und so¬ 
gleich kehrte sie zurück, um mit ihr jedes Schicksal zu theilen. Sie war mit 
ihrer .Freundin in den Tempel gebracht worden; aber schon nach wenigen 
Tagen wurde sie nach einem schmerzlichen, thränenvollen Abschiede in ein 
anderes Gefängniß geführt, und nun vor den Tisch des Richters gerufen. 
Die Mörder ergriffen sie nach der gegebenen Losung, mordeten sie mit Keu¬ 
lenschlägen, steckten den abgeschnittenen Kopf, den die blonden Locken um¬ 
flogen, auf eine Pike, schleiften den blutigen Körper hinterher, und zogen so 
nach dem Tempel. Ein entsetzlicher Kerl schritt voran, trug das blutende 
Herz der Ermordeten in der Hand, und hatte sich die Gedärme um den 
Arm gewickelt. So ging der Zug nach dem Tempel; die königliche Familie 
wurde genöthigt, ans Fenster zu treten, um den Kopf der gemordeten Freun¬ 
din zu sehen. Man kann denken, wie die Königin zusammenschauderte. 
In diesen entsetzlichen Septembertagen kamen in Paris an 61100 Per- 
»sonen um; zuletzt waren die Arme der Mörder so ermüdet, daß man die 
Gefangenen reihenweise mit Kanonen niederschoß. Dies Morden dauerte vom 
2. bis 7. September, und nun wurden die übrigen Städte des Reichs auf¬ 
gefordert, sich auch so der Feinde der Revolution zu entledigen. Es waren 
entsetzliche Tage. Alle Wohlgesinnte bargen sich ängstlich in ihre Wohnungen, 
und hörten Tag und Nacht nichts als die dumpfen Tritte der nmherziehenden 
Wachen, das Anschlägen an die Thüren, und das Schreien der Unglücklichen, 
deren Väter oder Gatten zum Tode geschleppt wurden. 
Die gesetzgebende Versammlung war zu schwach und furchtsam, um die¬ 
sen Greueln Einhalt zu thun, hatte überdies auch ihF Ende erreicht. An ihre 
Stelle trat 21. Sept. 1792 der Nationalconvent, und da der Pöbel und 
die Jakobiner wählten, so waren es meist nur Vösewichter, welche man dazu 
nahm. Daß Robespierre, Marat, Danton, Orleans — der sich 
jetzt aus republikanischem Eifer Egalit^ nannte — Pethion, der blutdürstige 
Collot d'Herbois und andere Blutmenschen dazu gehörten, verstand sich 
von selbst. Die Freiheitsschwärmerei dieser Menschen gränzte fast an Ver¬ 
rücktheit; es wurde beschlossen, daß das Königthum ein Verbrechen, jeder 
König ein Empörer sei, und es wurde im Ernst vorgeschlagen, eine Rotte 
von 1200 Tyrannenmördern zu errichten, um alle Fürsten auszurotten. Ma¬ 
rat erklärte, es müßten noch wenigstens 250,000 Köpfe fallen, ehe die Re¬ 
publik sicher sein könne. — Aber auch im Convente zeigten sich bald zwei 
feindselige Parteien. Die Girondisten — so nannte man die, welche 
zwar auch zur Absetzung des Königs beigetragen hatten, aber nun in die 
neue Republik Ordnung einführen wollten — betrachteten die wilden Jako¬ 
biner, von denen die allerheftigsten sich Cordeliers nannten, als ihre
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.