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und Oestreich öffentlich abtreten. Die Unterdrückung des evangelischen
Glaubens, insonderheit die Vertreibung des zur resormirten Kirche über¬
gegangenen Kurfürsten von Köln und die Achtserklärung der Reichs¬
stadt Donauwerth, welche Herzog Maximilian von Bayern einnahm,
erregten nicht weniger Mißbilligung. Die Protestanten verbanden sich
(1608) zur Union, deren Haupt Kurfürst Friedrich V. von der
Pfalz wurde, und die Katholiken stellten diesem Bunde einen andern,
die Liga, unter dem Herzog Maximilian von Bayern entgegen
(1609) . Beide Verbindungen nahmen eine wichtige Stellung ein und
riefen sogar die Spanier und Holländer nach Deutschland, als durch
das Aussterben der Herzöge von Jülich der Jülichsche Erbsolge-
streit entstand (1609). Die erledigten Länder Jülich, Cleve und Berg
waren nämlich von Johann Siegismund von Brandenburg und Wilhelm
von Neuburg in Besitz genommen worden, während zugleich noch an¬
dere Fürsten aus den Besitz dieser Länder Ansprüche machten. Deutsch¬
land war so mit einem allgemeinen Kriege bedroht, dessen Ausbruch
aber durch die Ermordung Heinrichs IV. von Frankreich und durch
die Absetzung des deutschen Kaisers zurückgehalten wurde. Rudolph
mußte die Regierung seiner Länder an seinen Bruder Matthias ab¬
treten und beschloß in Dürftigkeit sein rühmloses Leben. — Unter
Nkatthias, l©is-—1CS9, der den von Rudolph gegebenen Ma¬
jestätsbrief verletzte, begann der dreißigjährige Krieg.
§. 104. Die Zeit des dreißigjährigen Krieges. Dieser
Krieg ist Heft I. §§. 70—77. erzählt worden. Matthias starb am
Anfänge desselben, nachdem er gezeigt hatte, daß er dem mit Heftig¬
keit ausbrechenden Kampfe nicht gewachsen war. Sein Nachfolger
Ferdinand ll., leie—i«r rr, war dem katholischen Glauben so
streng ergeben, daß er Niemanden mehr fürchtete, als die Priester, die
er für überirdische Wesen hielt. „Begegneten ihm ein Engel und ein
Priester zu gleicher Zeit" — soll er einst geäußert haben — „so würde
er zuerst dem Priester seine Ehrfurcht bezeigen." Jedoch gehörte ihm der
Ruhm, seine Pläne mit Bestimmtheit verfolgt und den schwankenden
Kaiserthron befestigt und gefürchtet hiuterlassen zu haben. Der Wohlstand
des Reiches sank aber dadurch, daß der Kaiser den Protestantismus ge¬
waltsam unterdrückte. — Ferdinand 111., 163:—165?, zeigte sich
während seiner Regierung gemäßigt und den Jesuiten weniger ergeben,
als sein Vater. Friedensliebe und Duldung in Religionssachen ver¬
schafften ihm die Achtung seiner Unterthanen. Auch hatte er in seiner
Jugend Beweise von Math und Talent im Kriege gegeben. Doch verlor
unter ihm das Reich an Einheit und Nationalgefühl immer mehr. Nur
einzelne Fürsten ragten durch ausgezeichnete Eigenschaften hervor. Zu
diesen gehörte insonderheit der Kurfürst Friedrich Wilhelm von
Brandenburg, dessen Nachfolger sich die Königskrone aussetzte.