Full text: Grundriß der Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

10 
zeugen, das, wie der Kaiser in weltlichen, so in geistlichen 
Dingen die höchste Gewalt ausübe. Die mächtigsten 
Bischöffe der christlichen Kirche, die Patriarchen von An¬ 
tiochien, Alexandrien, Constantinopel und 
Rom, deren Ansehen anfangs fast ganz gleich war, 
strebten diese Idee eines höchsten Oberhauptes der Kirche 
zu verwirklichen, aber nur dem römischen Bischöffe gelang 
es durch ein Zusammentreffen günstiger Umstande, sein 
Ziel zu erreichen. Dazu wirkten, außer der hohen Tu. 
gend und ungemeinen Klugheit vieler Päpste, der Glanz 
ihres Wohnsitzes, der sich noch immer als Hauptstadt der 
Welt betrachtete ; die Entfernung des griechischen Kaisers, 
der, bei eigener Schwäche und der Nahe der Longobar- 
den, den Papst mit grosser Schonung behandeln mußte; 
der Sieg des Katholizismus überden Arianismus und die 
Verbreitung des Christenthums unter den Völkern des 
Nordens, welche von Rom ausging; die Eroberungen 
der Araber und die darauf gegründete Ausbreitung vec 
muhamedanischen Religion, wodurch die, auch durch innere 
Streitigkeiten zerrüttete, morgenländische Kirche immer tie¬ 
fer sank, je kräftiger das Christenthum im Abendlande auf- 
blühete; und endlich der heillose Bilderstreit, welcher, in¬ 
dem er die Römer bewog, dem Kaiser zu Eonstantinopel 
den Gehorsam aufzukündigen, den Päpsten Gregor il 
und III willkominne Gelegenheit darbot, sich von dein- 
selben unabhängig zu machen. So stehen die Päpste am 
Ende dieses Zeitrauines als allgemein anerkannte geijt- 
liche Oberhäupter der abendländischen Christenheit da; 
aber ihre weltliche Herrschaft in Rom war noch sehr un¬ 
bestimmt, und hing meistens nur von persönlichem Ein¬ 
flüße ab. Erst unter Stephan II wurde durch die 
Schenkung Pipins ein fester Grund zu derselben außer¬ 
halb Roms gelegt, wenn auch gleich der Papst anfangs 
als Besitzer des Erarchats im Verhältnisse der Abhängig¬ 
keit von dem fränkische Könige erscheint. 
II. Gallien. (spater Frankreich.) 
Zu Anfang der gegenwärtigen Periode hatte dieses 
Land folgende Gestalt: im Norden wohnten die Franken; 
um Paris, SoissonS und Rheims behauptete sich noch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.