Full text: Geschichte der neueren Zeit (Theil 3)

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Czar sein, aber vergönnt mir, daß mein geliebter Bruder Peter 
mit mir regiere!" Da die Strelitzen nichts dagegen hatten, so 
mußte auch Sophie es sich vorerst gefallen lassen, daß beide 
zu Czaren gekrönt wurden. Weil beide noch minderjährig 
waren, so blieb sie ja doch Negcntin. 
Zwei Jahre nachher entstand eine neue Empörung der 
Strelitzen gegen den Czar Peter. Seine Mutter floh mit ihm 
nach einem festen Kloster in der Nähe von Moskau. Dahin 
folgten auch die Meuterer. Das Kloster wurde erstürmt, und 
der junge Czar am Altäre der Kirche, wo die Mutter schützend 
ihre Arme um ihn schlang, entdeckt. Schon war einer im Be¬ 
griffe, ihm den Dolch in's Herz zu stoßen, als ein anderer 
hcrzuspraug, mit den Worten: „Halt! Bruder, nicht hier am 
Altäre; er wird uns ja doch nicht entgehen!" Das rettete den 
Czar; denn eben jetzt erschien Reiterei, und der Haufen der 
Strelitzen stäubte vor Schrecken auseinander. Ihr früherer 
Trotz verwandelte sich nun in die äußerste Zaghaftigkeit und 
Demuth. Der Hof versprach ihnen Verzeihung, wenn sie die 
Anstifter der Empörung ausliefern würden. Das geschah, und 
noch mehr. Sie begaben sich, viertausend an der Zahl, in 
einem langen Zuge nach dem Palaste. Je zwei und drei trugen 
einen Block, und ein dritter ein Beil. Viele von ihnen erschie¬ 
nen mit einem Stricke um den Hals, und ihre Weiber und 
Kinder gingen weinend vor ihnen her. Vor dem Fenster, wo 
die Czare standen, hielt der Zug. Hier bekannten sie alle laut 
ihre Schuld und legten, wie verurthcilte Missethäter, ihre Köpfe 
auf die Blöcke. Allein nur dreißig der Hauptschuldigen wurden 
verurtheilt und enthauptet, alle übrigen aber begnadigt. 
Die Ruhe war wieder hergestellt, und Sophie führte das 
Sceptcr noch sieben Jahre lang, während der junge Peter in 
einem kleinen Dorfe, Prcobraschenskoi, in der Nähe von Moskau 
sich aufhielt und dort den Grund zu seiner zukünftigen Größe legte. 
Er war ein kräftiger, feuriger Jüngling voll Wißbcgierde und 
Durst nach Thaten. Sein Liebling war Le Fort, ein Kauf¬
	        
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