Der deutsch-französische Krieg 1870 u. 1871. § 85. Die Ursache des Krieges rc. 383
lands, aus allen Provinzen Preußens, aus allen Kreisen des Volkes, selbst
von Amerika, gelangten an König Wilhelm täglich, stündlich Kundgebungen der
Hingebung und Opferfreudigkeit in dem Kampfe für Deutschlands Ehre und
Unabhängigkeit. Bayern und Württemberg stellten sofort — ihrem Vertrage
getreu — ihre Truppen unter seine Befehle. „Mit Begeisterung werden
meine Truppen an der Seite ihrer ruhmgekrönten Waffengenossen für deutsches
Recht und deutsche Ehre den Kampf aufnehmen," telegraphierte König Ludwig
von Bayern an König Wilhelm. Die anderen Fürsten Deutschlands äußerten
sich in ähnlicher begeisterter Weise, vor allem auch der edle, alte König Johann
von Sachsen. Die Tage von 1813 waren wieder aufgelebt. Ja, es war
noch viel großartiger und herrlicher als damals, da fich jetzt das ganze
Deutschland an der großen Erhebung beteiligte.
e) Das eiserne Kreuz.
Um seine Krieger für den neuen Krieg zur echter Tapferkeit anzuspornen
und hervorragende Thaten zu belohnen, erneuerte der König die Stiftung des
eisemeft Kreuzes. Von allen Ordens- und Ehrenzeichen, welche in unserem
Vaterlande verliehen werden, ist keines, welches von dem Volke Preußens
mit größerer Ehrfurcht betrachtet wurde, als dieses schlichte Kreuz von Eisen.
Es war gestiftet zu einer Zeit, wo eben derselbe Feind, welcher heute unsere
Marken bedrohte, siegreich und übermütig in dem bezwungenen und gedemütig-
ten Deutschland schaltete. Es sollte nun aufs neue die tapferen Streiter
entflammen, die Söhne und Enkel derer zu neuen Thaten treiben, welche der¬
einst unter ihm siegreich gefochten. Gerade am Todestage seiner vom Volke
fast vergötterten Mutter, der hehren Königin Luise, war der Reichstag eröffnet,
zugleich auch die förmliche Kriegserklärung des Feindes übergeben, welcher
durch die dem Vaterlande zugefügten Demütigungen der edlen Fürsten das
Herz gebrochen hatte. König Wilhelm stiftete das „neue Kreuz von Eisen"
am 19. Juli, dem Todestage seiner Mutter. In der Stiftungsurkunde des¬
selben sagt der König: „Angesichts der ernsten Lage des Vaterlandes und in
dankbarer Erinnerung an die Heldenthaten unserer Vorfahren in den großen
Jahren der Befreiungskriege will Ich das von Meinem in Gott ruhenden Vater
gestiftete Ordenszeichen des eisernen Kreuzes in seiner ganzen Bedeutung wieder
aufleben lassen. Das eiserne Kreuz soll ohne Unterschied des Ranges oder Standes
verliehen werden als eine Belohnung für das Verdienst, welches entweder im
wirklichen Kampfe mit dem Feind oder daheim in Beziehung auf diesen Kampf
für die Ehre und Selbständigkeit des teuren Vaterlandes erworben wird."
Der Anklang, den diese Stiftung fand, ist nicht zu beschreiben. Es war
eine Mahnung mehr, sich des Namens der Väter wert zu zeigen, und jeder
Krieger, der es erhielt, freute sich des Ehrenzeichens, und wie frohlockten die
5U Hause, wenn ihr Vater, Mann, Sohn oder Bruder als die Tapfersten
unter den Tapfern mit diesem Schmucke geziert, wohlbehalten zurückkamen!
B. Benutzung des Lesebuches.
1. Die Wacht am Rhein, Lesebuch Ausgabe A Nr. 301, Ausgabe B II
Nr. 266, Ausgabe C Nr. 359.
2. Der neunzehnte Juli 1870 (Kaiser Wilhelm am Grabe der Königin
Luise), Ausgabe A Nr. 300, Ausgabe B II Nr. 265, Ausgabe C Nr. 358.