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fei hat dm größten Einfluß auf die Bildung
der hellenischen Menschheit gehabt; in ihm zeigt
sichs am deutlichsten, wie dergleichen Orakel
Mittelpunkte der Kultur wurden, und die rohen
Sitten entwilderten.
Eine schauerliche Gegend in Phokis, wo in
den Gebürgsschluchten des Parnaflos eine Höhle
einen Dampf aushauchte, welcher betäubte, hatte
durch diese Naturmerkwürdigkeit die Orakelprie-
ster bewogen, dem Orakel an diesem Ort einen
festen Sitz zu geben. Ein Dreifuß über diese
dampfende Höhle gestellt, diente der Priesterin
oder der Pythia, gewöhnlich einer ältern Frau,
zum Sitze, auf welchem sie durch den aufstei¬
genden Dampf in eine Art von Betäubung ver¬
setzt ward, In diesem Zustande, der als die
Wirkung des sie begeisternden Gottes, dem die¬
ses Orakel angehörte, angesehen ward, sprach
sie nun verwirrte Wörter und Redensarten aus,
welche von den eigentlichen Priestern, in deren
Händen jene Pythia nur ein Werkzeug war,
aufgefaßt, und in der Form eines hexametri¬
schen Verses zusammengestellt wurden, Es ent¬
hielt dann die Antwort auf die von den Besu¬
chern vorgelegten Fragen, die entweder die An¬
gelegenheiten einzelner Menschen oder ganzer
Staaten betrafen.
Die bisher erzählte Geschichte hat schon viele
einzelne Beispiele aufgeführr, und die folgende