Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

104 Erster Zeitraum deö Mittelalters: 476—752. B. Das Morgenland. 
ander widersprechenden und veralteten Bestimmungen wegzuschneiden, 
uöthigeufalls auch die Texte zu veräuderu oder mehrere Stellen in eine 
einzige zusammenzuziehen, übrigens aber doch die Constitutionen nicht 
bloß mit ihrem Datum zu bezeichnen, sondern auch in jedem Titel nach 
ihrer chronologischen Folge zu ordnen. Diese Sammlung wurde schon 
nach zehn Monaten (529) mit der Erklärung publieirt, daß alle darin 
aufgenommenen Constitutionen, auch die bloß an gewisse Personen lau¬ 
tenden Rescripte, allgemein verbindliche Kraft haben, auch außer ihr 
keine Constitutionen gelten und vor Gericht allegirt werden sollten. 
Mittlerweile war in Justinian der Gedanke reif geworden, auch aus 
den Schriften der Juristen eine neue Sammlung zu veranstalten. Zu 
diesem Zwecke erließ er (530) an Tribonian, der nun Quästor des 
Palastes geworden war, den Auftrag, unter Zuziehung von Rechtsleh¬ 
rern und Advocaten der Stadt, einen völlig genügenden Auszug aus 
den gangbaren und mit praktischer Autorität versehenen Schriften der 
alten Juristen zu verfertigen. Die excerpirten Stellen sollten in fünfzig 
Bücher und Titel nach Art der neuen Constitutionensammlung und des 
Edicts vertheilt, dabei die Meinungen der Autoren ohne Ansehen der 
Personen sorgfältig gewogen, das Ueberflüssige weggclassen, das Mangel¬ 
hafte verbessert, die Widersprüche ausgeglichen, die Wiederholungen und 
veralteten Bestimmungen gestrichen, Alles in einen Guß gebracht und 
so angesehen werden, als wäre es frisch aus dem Munde des Kaisers 
hervorgegaugen, endlich das Ganze den Namen Digcsten oder Pandekten 
erhalten. Nachdem zur Vollführnng dieses Auftrages vom Kaiser 16 
Mitarbeiter Tribouian's erwählt waren und die Arbeiten begonnen hat¬ 
ten, stellte sich die Zahl der zu excerpirenden Schriften auf beinahe 2000 
Bücher. Um damit fertig zu werden, theilte man die Commission in 
drei Sectionen. Jede Section nahm die ihr zugefallcnen Schriften nach 
einander vor, und was für die Pandekten brauchbar gefunden wurde, 
setzte man mit Angabe des Namens der ausgezogenen Schrift und ihres 
Verfassers unter eine Rubrik. Nachdem auf diese Weise die einzelnen 
Sectionen fertig geworden waren, traten sie zusammen, um aus ihren 
drei Sammlungen ein Ganzes zu machen. Zn diesem Zwecke legte 
man bei jedem einzelnen Titel die Sammlung zum Grunde, welche die 
meisten oder doch die größten Fragmente lieferte, verglich die beiden 
kleineren Sammlungen damit, tilgte die Wiederholungen und Wider¬ 
sprüche und schaltete Ergänzungen, nähere Bestimmungen und allge¬ 
meine Sätze ein. Durch dieses zur Abkürzung der weitläufigen Arbeit 
höchst zweckmäßig eingerichtete Verfahren gelang es, dieselbe weit früher, 
als man wohl ursprünglich gedacht hatte, zu Ende zu bringen, und 
schon 533 wurde die Sammlung durch zwei gleichlautende Verordnungen, 
eine lateinische und eine, griechische, publicirt. 
Schon bei dem Aufträge zur Compilirung der Digesten dachte Ju¬ 
stinian an ein neues Lehrbuch für den Rechtsunterricht und ertheilte 
daher dem Tribonian mit zwei anderen Antecessoren die Weisung, die 
älteren Jnstitutionenwerke abgesondert zu sammeln, und daraus mit Be-
	        
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