Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

62. Die christlichen Reiche in Spanien. 
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Gottes. Bald schlugen die Flammen über seinem Haupte zusammen 
und verzehrten schnell seine Leiche (Mai 1095)*). 
Erst nach dem Tode des Cid gerieth Valencia wieder in die Ge¬ 
walt der Morabethen. Nachdem Valencia zurückerobert und ganz Süd¬ 
spanien den Almoraviden gesichert war, ging Jusuf in seinem 97. Le¬ 
bensjahre zum vierten Male nach Spanien, um seine neuen Besitzungen 
zu bereisen, und durchzog alle Provinzen des Landes, sich ergötzend an 
seiner Herrlichkeit. Dann berief er die Scheits und Häuptlinge der 
Morabethen nach Cordova, besprach mit ihnen sein Vorhaben, seinen 
jüngeren Sohn, Abul Hasan Ali, zum dereinstigen Thronfolger zu er¬ 
nennen, und forderte sie auf, ihm Gehorsam zu schwören und ihn nach 
dem Ableben des Vaters als ihren Herrn anzuerkennen. Die Huldi¬ 
gung erfolgte mit großer Feierlichkeit und unter dem Zusammenfluß der 
Edeln und Ritter des moslemischen Spaniens und des nördlichen Afri¬ 
kas (December 1103). 
Nachdem Jusuf diese wichtige Angelegenheit erledigt hatte, setzte er 
nach Ceuta über und zog sich von den Regiernngsgeschäften zurück. 
Seine Kräfte nahmen sichtbar ab, bis er zu Ende September 1106 in 
einem Alter von 100 Mondjahren in Marokko verschied. Jusuf war 
einer der ausgezeichnetsten Fürsten der Moslemen und seiner Zeit. 
Seine Eroberungen zeigen den beherzten und tapferen Krieger, den un¬ 
ternehmenden, kühnen und zugleich besonnenen, vorsichtigen Feldherrn, der 
durch seine Persönlichkeit, wie durch seine Gabe der Rede eine ungemeine 
Gewalt über die Gemüther seiner Soldaten ausübte. Nachdem er das 
durch Parteien, Stammes- und Glaubensvcrschiedenheit zerrissene Nord¬ 
afrika zur Einheit unter den Morabethen verbunden und deren Herr¬ 
schaft auch über die Südhälfte Spaniens ausgebreitet hatte, bewährte 
er nicht weniger Tüchtigkeit für die Verwaltung und Erhaltung seiner 
Eroberungen. 
Bald darauf verschied Alfonso VI. (29. Juni 1109). Seine 44jäh- 
*) Mit einer gewissen Wehmuth haben wir oben nur das Wenige und sogar 
wenig Rühmliche über den Helden niedergeschrieben, den sem Volk mit 
allem, was es selbst Edles und Ehrenhastes, Tapferes und Ritterliches in 
sich trägt, ausgestattet und geschmückt, zum Inbegriff aller Heldentugenden 
und zur Krone der Ritterlichkeit erhoben hat; von dem die dichtenden Volks- 
sagen in herrlichen Romanzen, des Spaniers Stotz und Freude, weit über 
die Pyrenäen hinaus auch bei anderen Völkern Anklang gefunden haben, 
und durch Herder's bildsamen Geist und Namen eine Perle auch unserer 
Literatur geworden sind. Das schöne Bild eines solchen Helden zu zerstören 
oder auch nur zu trüben, ist immer ein widerwärtiges und undankbares 
Geschäft des Geschichtschreibers, vollends wenn er, von echten Berichten der 
Nationalschriftsteller über den Helden entblößt, die Verunglimpfungen des 
Helden von National- und Glaubensfeinden desselben anzunehmen genöthigt 
ist. Und doch ist es nicht anders; denn wir haben mehr Grund, den ara¬ 
bischen Berichten, obgleich sie Unrühmliches vom Cid erzählen, Glauben bei- 
zumessen, als den christlichen, die seines Lobeö voll sind. (Schäfer.) Vgl« 
Jos. Aschbach, Geschichte Spaniens und Portugals zur Zeit der Herrschaft 
der Almoraviden und Almohaden. I. S. 119—123. 
Pütz, Histor. Darstell, u. Charakteristiken. II. 
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