Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

65. Blüte und Verfall des Khaüfats unter den Abbasidcn. 297 
abgenommen hatte, in seinem schönsten Glanze. Die Omajaden hatten 
bloß als Barbaren erobern und zerstören lassen, die ersten Abbasiden 
suchten die eroberten Länder zu bilden und zu veredeln; jene hatten 
bloß, bei ihrem Hang zu^Luxus und morgenländischer Pracht, Handel 
und Künste befördert, welche diesen befriedigen konnten; diese fügten 
noch Anstalten zur Beförderung gelehrter Kenntnisse (etwa seit 813) 
hinzu, um ihre barbarischen Araber wissenschaftlich zu bilden, und in 
dieser Rücksicht werden die Namen Almansor, Harun al Raschid, Ma- 
mun unvergeßlich bleiben. Der Handel verknüpfte den äußersten Osten 
vom Indus und Opus, mit dem Westen bis zum atlantischen Meere. 
Bassora (von Omar am Zusammenfluß des Euphrats und Tigris er¬ 
baut), Damaskus mit seinem prachtvollen Hof der Omajaden, Bagdad, 
der reiche Sitz der Abbasidcn wurden zugleich die großen Handels- 
niederlagcn. Alle Hauptstädte des großen Reiches und unzählige kleine 
Städte und Flecken waren der Sitz der Industrie und ihre Fabrikate 
wurden zu Wasser und zu Lande, durch K'aravanen und auf Schiffen 
nach allen Küsten des großen arabischen und selbst des griechischen Reiches 
verschickt. Unter den ersten Abbasiden waren die Araber die größte 
Handelsnation der Welt. Und unter ihnen erhoben sie sich auch, wäh¬ 
rend die ganze übrige Welt in Unwissenheit immer tiefer versank, 
zu Gelehrten, die in ihrem Zeitalter ihres Gleichen nicht hatten. Erst 
nahmen sie selbst Unterricht bei den Griechen in Mathematik, Medicin, 
Astronomie, Naturgeschichte und Philosophie, dann bereicherten sie die 
Wissenschaften mit neuen Entdeckungen, sogar mit neuen Theilen; zuletzt 
wurden sie über Spanien die ersten Lehrer von Europa in den Wissen¬ 
schaften. So hatten sie den Ruhm der größten Eroberer mit dem noch 
schöneren der Lehrer der Welt vereinigt. 
Der kriegerische Enthusiasmus der früheren Generationen war durch 
allmähliche Veredelung und Verfeinerung des gesellschaftlichen Zustandes 
gemäßigt und gemildert worden, und seitdem durch die Herabsetzung des 
Soldes der Truppen der Soldatenstand an Schätzung und Wichtigkeit 
verloren hatte, war auch das letzte Interesse an dem Kriegsdienste bei 
den Eingebornen verschwunden und die Khalifen mußten die Vertheidi- 
ger ihres Reiches im Auslande suchen. Nun waren den Arabern bei 
ihren Kriegen eine große Menge türkischer Sclaven zugefallen, die sich 
durch Wohlfeilheit und persönliche Tapferkeit vor anderen zu Miethsol- 
daten empfahlen; und Motassem, der gegen die Untreue seiner mißver¬ 
gnügten Araber und zur Vertheidigung seiner Person und seines Reiches 
fremde Hülfe suchte, umgab sich mit 50,000 Türken aus der Bucharei, 
die er in seine Hauptstadt Bagdad aufnahm, um sie zu seinen Diensten 
in der Nähe zu haben. Aber statt das Khalifat zu befestigen, wie 
heftig erschüttern sie es in seinem Innersten! Als undisciplinirtes, krie¬ 
gerisches Volk überließen sich gleich Anfangs diese Miethlinge den gröb¬ 
sten Ausschweifungen, die bei ihrer großen Anzahl, in der sie auf ein¬ 
mal in das Herz des Staates ausgenommen worden waren, schon Mo¬ 
tassem in Sorgen setzten, welche der Erfolg nur als zu gegründet
	        
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