34. Elisabeth und Maria Stuart.
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Mittel anzugeben; das Parlament blieb dabei, daß es keine andere
Auskunft gebe; es erörterte in ausführlichen Vorstellungen, die eigene
Sicherheit der Königin, die Erhaltung der Religion und des Staates
mache die Hinrichtung unbedingt nothwendig.
Diese Bemerkung des Parlaments gewann endlich auch bei ihr die
Oberhand. Aber damit war nicht gesagt, daß ihre widerstrebenden
Gefühle zu vollem Schweigen gebracht worden wären. Elisabeth ward
in ihren Träumen von dem Bilde der Hinrichtung verfolgt. Sie ge-
rieth wohl einmal auf den Gedanken, daß ihr irgend eine dienstfertige
Hand die letzte Autorisirung ersparen möge durch eine geheime Voll¬
ziehung des Richterspruchs. Dem Secretär Davison hatte sie, als sie
den Befehl unterschrieb, den Auftrag gegeben, ihn mit dem großen
Siegel versehen zu lassen. Ihr Gedanke scheint gewesen zu sein, daß
nach Vollziehung aller Formen ihr um so leichter der Dienst einer ge¬
heimen Hinrichtung geleistet, oder daß in dem dringenden Augenblick
diese alsdann sofort vollzogen werden könne; doch meinte sie die Sache
noch in ihrer Hand zu behalten; denn das Herkommen war, vor dem
letzten Schritt noch einmal bei ihr anzufragen. Das hielt nun aber
Davison, der ihr Schwanken bemerkte, in diesem Augenblicke nicht für
rathsam. Er setzte Lord Burleigh von der Sache in Keuntniß, dieser
fragte bei den übrigen Mitgliedern des geheimen Rathes an; sie nahmen
es auf sich, den Hinrichtungsbefehl nunmehr, unterzeichnet und gesiegelt
wie er war, ohne weitere Zögerung nach Fortheringhai abgehen zu
lassen. Am 8. Februar 1587 ward er dort in der Halle, wo die
Gerichts-Sitzungen gehalten worden, an Maria vollstreckt. Der pein¬
lichen Unruhe Elisabeth's gegenüber, welche das nicht thun wollte,
was sie für nothwendig hielt, und was sie gethan hatte, doch nicht gethan
haben wollte, macht die Seelenruhe, in welcher Maria das nun ein¬
mal entschiedene Schicksal über sich ergehen ließ, einen großartigen
Eindruck. Das Unglück ihres Lebens war ihr Anspruch auf die eng¬
lische Krone. Dieser hat sie in ein politisches Labyrinth, auch in jene
Verwickelungen geführt, die mit ihrer unglückseligen Vermählung ver¬
bunden waren, und dann, mit dem religiösen Gedanken gepaart, in alle
Schuld, die ihr mit mehr oder minder Recht zugeschrieben wird. Er
hat ihr das eigene Land, er hat ihr das Leben gekostet. Noch auf
dem Schaffot brachte sie ihre hohe Stellung, die den Gesetzen nicht
unterliege, in Erinnerung. Sie starb in den fürstlichen und religiösen
Ideen, in denen sie gelebt hatte.
Es ist unläugbar, Elisabeth ist von der Nachricht hiervon über¬
rascht worden; man hörte sie seufzen, gleich als wäre ein schwe¬
res Schicksal über sie selbst ergangen. Davison mußte seine Eigen¬
mächtigkeit in langer Verhaftung büßen; kaum erlangte der unentbehr¬
liche Burleigh Verzeihung. In der Stadt dagegen läutete man die
Glocken und zündete Freudenscuer an. Denn wie es der Gerichtshof
ausgesprochen, so war die allgemeine populäre Ueberzeugung, daß Maria
das Reich an die Spanier zu bringen gesucht habe.
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