Full text: Die Geschichte der neuern Zeit (Bd. 3)

34 7. Die Eroberung von Peru. Franz Pizarro. 
Eben so Bemcrkenswcrthes leisteten die Peruaner in der bildenden 
Kunst. In dem Tempel des Gottes Viracocha, 16 Stunden südlich 
von Cuzco, fanden die Spanier die Bildsäule des Gottes, welche in 
Gesichtszügen, Kleidung und Haltung so ganz in europäischer Weise 
gebildet war, daß sie meinten, es wäre ein Bild des Apostels Bartho¬ 
lomäus. Ebenso fand man treffliche Bildwerke von edlem Metall, 
kunstvoll gearbeitete Gefäße von Thon. Ihre Religion bestand in 
Gestirndienst, und Menschenopfer waren dem friedfertigen Volke gänz¬ 
lich unbekannt. 
Die Urgeschichte der Peruaner ist größtentheils mythisch. Nach 
ihrem Sagen kam Manco Capac, ein Sprößling der Sonne, ihrer 
höchsten Gottheit, im 12. Jahrhundert nach Ehr. in ihr Land, milderte 
die bisher rohen Sitten der Bewohner, lehrte sie die Religion und 
allerlei Künste und gab ihnen bürgerliche Einrichtungen. Er theilte 
das Volk in Adlige, Freie und Knechte, und beherrschte es selbst als 
erster Inka oder König. Seine Nachkommen folgten ihm in der Ne¬ 
gierung. Der zwölfte Inka, Huana Capac, eroberte das Königreich 
Quito und vermählte sich mit der Tochter des besiegten Königs, die 
ihm einen Sohn, den Atahualpa gebar; aus einer früheren Ehe aber 
hatte er noch einen älteren Sohn, den Huascar. Gegen die Landes¬ 
gesetze theilte er vor seinem Tode, 1529, das Reich unter seine beiden 
Söhne, so daß Atahualpa Quito und den Norden, Huascar den Süden 
des Reiches erhalten sollte. Darüber kam es aber nach seinem Tode 
zwischen beiden Brüdern zum Kriege, und Atahualpa, dem das Heer 
seines Vaters anhing, nahm den Huascar gefangen und ließ alle übrigen 
Mitglieder der königlichen Familie ermorden. Beide Brüder ersuchten 
Pizarro um Beistand; dieser aber sagte dem Atahualpa, der ihm reiche 
Geschenke übersandt hatte, Hülfe zu und ließ ihn zu einer mündlichen 
Unterredung auffordern. Er hatte jedoch dabei von Anfang die Absicht, 
sich der Person des Inka zu bemächtigen. Atahualpa erschien auf einem 
prächtigen Tragsessel, umgeben von einem glänzenden Hofstaate und 
gefolgt von einem 30,000 Mann starken Heere. Auf ein von Pizarro 
gegebenes Zeichen stürzten die Spanier über die Peruaner her, hieben 
die dem Inka zunächst stehenden nieder, diesen selbst aber ergriff Pizarro 
und schleppte ihn fort. Gleichzeitig ließ er die Reiterei einhaueu, und 
wenige Schüsse der beiden spanischen Kanonen reichten hin, das indianische 
Heer in die Flucht zu jagen. Die Spanier setzten den Fliehenden nach, 
Alles vor sich niedcrmetzelnd, und erst der Einbruch der Nacht machte 
dem gräulichen Blutvergießen ein Ende. Viertausend Peruaner sollen 
an diesem Tage ermordet sein, und eine unermeßliche Beute an Gold 
und Silber fiel den Spaniern in die Hände. Da Atahualpa sah, wie 
begierig die Spanier nach Gold waren, versprach er, für seine Frei¬ 
lassung das ganze Zimmer, in welchem er gefangen gehalten wurde, so 
hoch er mit den Händen reichen konnte, mit goldenen Gesäßen anfüllen 
zu lassen. Pizarro ging auf den Vorschlag ein und machte selbst mit 
Kohle einen Strich an den Wänden des Zimmers, um die Höhe zu
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.