95. Der Krieg der ersten Cocstitiou gegen Frankreich. 633
wenig ehrenhaften Plan um so leichter durch, als vou dem neuen
Drittel mehr als Hundert noch nicht in Paris anwesend waren; sie
vereinigten sich, daß Niemand ins Directorium treten dürfe, der nicht
für den Tod Ludwig's XVI. gestimmt habe und erreichten es in dem
unvollzähligen Rathe der Fünfhundert, daß dieser die von ihnen
bestimmten 5 Candidaten: Sieycs, Rewbell, Barras, La Reveillere und
Letourneur neben 45 völlig unmöglichen Namen dem Rathe der Alten
zufolge der Verfassung vorschlug, der nun keine andere Wahl hatte,
als die 5 Candidaten der Linken als zukünftige Regenten Frankreichs
zu proclamireu. Als dann Sieyes die ihm übertragene Würde, viel¬
leicht aus Mißtrauen gegen die von ihm nicht angefertigte Verfassung,
ablehnte, wurde mit ähnlichen Mitteln an seine Stelle Carnot ernannt.
So viel Mühe kostete es dem Convente, nach dreijähriger Allmacht,
die Fortsetzung seines Regimentes dem französischen Volke aufzunöthigen
und seinen Führern ihre Straflosigkeit zu sichern.
Die Aussicht in die Zukunft war im Uebrigen nichts weniger als
glänzend: der Staatsbankerott war so gut wie erklärt, die Assignate
waren auf 27 Milliarden gestiegen und im Course auf Vr Procent
gesunken, der auswärtige Handel stockte gänzlich, die Verwaltung lag
überall in bodenloser Unordnung, die Masse der Bürger aber Übertrag
alle Abneigung gegen den Convent auf dessen Fortsetzer, die als einzige
Stütze ihrer Macht die Armee ansahen, und wenn man damals oft von
dem Ende der Revolution redete, so hatte dieser Ausdruck keinen andern
Sinn, als daß an die Stelle der populären die Militärherrschaft zu
treten im Begriffe war.
95. Der Krieg der ersten Coalition gegen Frankreich, bis
zum Baseler Frieden.
(Nach Fviedrich Lorcntz, Handbuch der deutschen Geschichte, und Karl Adolf
Menzel, neuere Geschichte der Deutschen von der Reformation bis zur Bundesacte.)
Die Aufmerksamkeit und Thätigkeit des Kaisers Leopold II. (s.
S. 556 flg.) wurde hauptsächlich von der französischen Revolution in
Anspruch genommen; es kam darauf an, Deutschland nicht allein vor
dem Einflüsse der in Frankreich geltend gemachten Grundsätze zu be¬
wahren, sondern es auch gegen die in Folge derselben drohende Ver¬
letzung seiner Rechte und seiner Integrität zu schützen. Die erste fran¬
zösische National-Versammlung hatte im August 1789 in dem Umfange
des französischen Staatsgebietes die ganze Feudal-Verfassung nebst allen
daraus herfließenden Rechten oder daran haftenden Verbindlichkeiten
aufgehoben; am 2. November desselben Jahres zog sie auch die geist¬
lichen Güter ein und drückte den Clerus in die Stellung einer besol-