Full text: Die Geschichte der neuern Zeit (Bd. 3)

98. Die zweite und dritte Theilung Polens. 
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aber rastlos bis zum letzten Athemzuge, so lange einer der Feinde noch 
aufrecht stand. „Immer vorwärts, Alles überwältigen, Alles zermal¬ 
men!" das war damals sein Wahlspruch, wie fünf Jahre später im 
großen Kampfe gegen die französische Revolution. In eiligem Zuge 
legte er binnen 3 Wochen 80 Meilen zurück und schlug zwei Mal den 
polnischen General Sierakowski. Kosciusko, der ihm entgegenzog und 
seine Vereinigung mit Fersen verhindern wollte, wurde von letzterem 
bei Maciejowice (10. October) geschlagen. Die Russen in Fersen's 
Heere, welche großentheils den April-Ausstand in Warschau erlebt hatten 
und vor Begierde brannten, den Mord so vieler Kameraden endlich 
im Blute der Polen zu rächen, gaben an diesem Tage keinen Pardon, 
sondern hieben unter dem Rufe: „Denkt an Warschau!" die Fliehenden 
unbarmherzig zusammen; 6000 Polen bedeckten das Schlachtfeld. 
Kosciusko hatte bis zum letzten Augenblicke in dem Getümmel gesochten; 
als Alles verloren war, wandte auch er sich zur Flucht und wurde, 
da er sich auch, nachdem ihm zwei Pferde unter dem Leibe erschossen 
worden, nicht ergeben wollte, durch einen Lanzenstich verwundet, von 
seinem ebenfalls verwundeten Pferde in einen Morast geworfen und, 
als er sich aus demselben aufraffte, durch einen Hieb in den Kopf so 
betäubt, daß er ohne Laut zusammensank. Später wurde er nach Kiew 
gebracht (f 1817 in der Schweiz). Mit seinem Verluste war die Ver¬ 
nichtung Polens entschieden, denn nun war das einzige Band zerrissen, 
welches die hadernden Parteien nothdürftig zusammengehalten hatte. 
Suwarow und Fersen vereinigten sich (bei Minski), schlugen gemein¬ 
schaftlich eine nach Warschau ziehende Colonne des litthauischen Heeres 
und vollendeten dadurch die Entmuthigung der polnischen Truppen in 
Warschau. Am 4. November Morgens früh begann der Sturm auf 
die Vorstadt Praga. Die Russen, den Gedanken an die blutigen April¬ 
tage im Herzen, zum Theil durch Branntwein, zum Theil durch die 
Sicherheit des Sieges berauscht, fochten mit namenloser Erbitterung, 
verfolgten die fliehenden Bürger in ihre Wohnungen, erschlugen eine 
Menge wehrloser Menschen, Greise, Frauen, Kinder, und das Feuer 
der Geschütze zündete den Ort an mehreren Punkten an, 2000 Polen 
fanden aus der Flucht ihren Tod in den Fluten der Weichsel, da die 
Brücke abgebrochen war, um einen plötzlichen Einbruch der Russen in 
Warschau zu hindern; mehr als 10,000 fielen unter dem feindlichen 
Schwerte. Sofort capitulirte Warschau und die polnischen Truppen 
wurden entwaffnet. So entsetzlich war die Zerrüttung der letzten Tage 
gewesen, daß eine Menge Einwohner sich beinahe mit dankbarer Freude 
dem Unterwerfer ihres Volkes entgegendrängten, da er ihnen wenigstens 
Ruhe und persönlichen Frieden versprach. 
Als nun die Verhandlungen über die Theilung des Restes von 
Polen zwischen Preußen und Rußland begannen, verlangte letzteres, 
daß Deiterrrici) für seine Anstrengungen gegen die französische Revo¬ 
lution ebenfalls durch polnisches Gebiet entschädigt werde. Die russische 
Kaiserin nahm jetzt offen das Verdienst, Polens Theilung herbeigeführt
	        
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