Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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in dm südlichen Theil seines Reichs flüchten; allein seine heldenmüthige 
Gemahlin, Marie von Anjou, und ihre geistreiche Freundin, Agnes 
Corel, suchten seinen Muth zu beleben und erinnerten ihn, der Mensch 
dürfe nie die Hoffnung aufgeben, da jeder Tag Rettung bringen könne. 
Ein einfaches Landmädchen sollte den König retten. In dem Dorfe 
Domremi in Lothringen lebte ein Landmann Thibaut (Tibo, Theobald) 
d'Arc. Dieser hatte unter mehreren Kindern eine Tochter, Johanna, 
stark und kräftig an Wuchs und schwärmerischen Sinnes. Ueberall hin 
drang das Gerücht von den reißenden Fortschritten der Engländer und 
der mißlichen Lage des Königs. Auch Johanna hörte die Sache, versank 
häufig in tiefes Nachdenken und war immer sehr begierig, Neuigkeiten 
vom Kriegsschauplätze zu vernehmen. Was sie am Tage so lebhaft 
beschäftigte, erschien ihr im Traume, ihre Einbildungskraft wurde durch 
allerlei Erscheinungen, wie die der Maria, gereizt, und endlich glaubte 
sie sich durch höhere Eingebung dazu berufen, ihr Vaterland und den 
König zu retten. Sie begab sich daher zu einem Ritter, der in dem 
nahen Städtchen sich befand, eröffnete ihm ihren Entschluß und bat ihn, 
sie zum Könige zu führen. Anfangs wies er sie ab, indem er denken 
mochte, ihre Worte seyen Aeußerungen einer überspannten Phantasie. 
Als sie aber in andere Ritter drang, so erfüllten sie ibren Willen und 
brachten sie zu Carl in männlicher, ritterlicher Kleidung. In des 
Königs Nähe geführt, trat sie, die bisher die Heerden geweidet und 
die Spindel gedreht, furchtlos auf, und als er sich unter die andern 
Ritter mischte, fand sie ihn glücklich heraus, begrüßte ihn, entdeckte 
ihm ihre Träume und Ahnungen und versprach ihm, wenn er sich ihr 
anvertraue, wolle sie Orleans entsetzen und ihn zu Rheims krönen 
lassen. Sie erzählte ihm ein Geheimniß, das nur er allein wußte, 
verlangte ein Schwerdt, das, Allen unbekannt, mit fünf Kreuzen 
bezeichnet, in einer gewissen Kirche liege und auch dort gefunden wurde, 
wie sie denn auch behauptete, ein Unbekannter, mit dem sie sprechen 
wolle, werde ihr von ihren Erscheinungen durch einen äußeren Glanz 
entdeckt. Der König ließ sie durch Gelehrte genau prüfen und ihre 
Antworten waren einfach, bestimmt und verständig. In jedem Falle 
darf man annehmen, daß sie zu der Klasse der Somnambüls oder 
Hellseherinnen gehört habe. Sie erhielt eine glänzende Rüstung, ein 
schönes Pferd, das sie kräftig regierte, und eine weiße Fahne, mit 
heiligen Bildern und Namen bezeichnet. Neuer Muth begeisterte die 
Krieger, als sie die begeisterte Heldin sahen, die auch sie anfeuerte. 
Sie selbst sollte nicht das Schwerdt führen, äußerte sie, sondern nur 
die Krieger anfeuern und ihren Muth erhöhen. Ihre erste Unternehmung
	        
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