Full text: Handbuch der Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg

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Erstes Buch. Erster Abschnitt. 
Täglich sank Kaiser Heinrich IV. tiefer in der Achtung seines deutschen 
Volkes; ungescheut ergab er sich seinen Lüsten, verschwendete die Güter von 
Kirche und Reich, und zürnte einem jeden, welcher seinem Machtworte zu 
widersprechen wagte. Vornehmlich die Sachsen behandelte er mit Gering¬ 
schätzung, weil er dieses freiheitsliebende Volk heimlich fürchtete. Durch 
zahlreiche von ihm aufgesührte Burgen, unter denen sich die Harzburg bei 
Goslar durch Starke und Umfang auszeichnete, suchte er sich des Gehor¬ 
sams dieses Volkes zu versichern. Nachdem Herzog Magnus zwei Jahre 
in enger Haft verlebt hatte, weil er die Freiheit nicht auf Kosten seines 
Landes erkaufen wollte, rüstete sich Otto von Nordheim heimlich zur Ret¬ 
tung des Freundes. Sorglos ergab sich der Kaiser den Genüssen des Au¬ 
genblicks, so daß er die 1073 zu sich nach Goslar berufenen Fürsten der 
Sachsen auf die unwürdigste Art behandelte. Dadurch wurde die Zeit der 
Rache beschleunigt. Unter der Leitung Otto's von Nordheim, des Bischofs 
Burkard (Buko) von Halberstadt, des Grafen Hermann und vieler geistli¬ 
chen und weltlichen Fürsten des nördlichen Deutschlands sammelten sich 
60,000 gewaffnete Sachsen zu Haldensleben, und baten durch Abgeordnete 
den in Goslar verweilenden Kaiser, seine Burgen zu brechen, Herzog 
Magnus der Haft zu erledigen und mit Gerechtigkeit dem Reiche vorzu¬ 
stehen ; wo nicht, so fühle man sich berechtigt, zu Mitteln der Gewalt zu 
schreiten. Solche Drohungen verachtete der Kaiser und begab sich, als die 
Sachsen gewaffnet der Stadt nahten, mit seinen Schätzen auf die feste 
Harzburg, wo er sich alsbald von den Gegnern belagert sah. In der grö߬ 
ten Heimlichkeit, begleitet vom Bischöfe Benno von Osnabrück, entwich 
er von hier durch die Wildniß des Gebirges und gelangte glücklich nach 
Hersfeld, wo er den berufenen Fürsten klagte, wie in seiner Person das ge- 
sammte Reich empfindlich gekrankt sei. Ergriffen von der Erzählung des 
Kaisers, schwuren die Anwesenden, zur Zeit des Herbstes sich mit Heeres¬ 
macht in Breitungen an der Werra einzufinden. Die hierüber erschrockenen 
Sachsen vereinigten sich mit den gleich ihnen gegen den Kaiser aufgebrach¬ 
ten Thüringern, und begannen die Belagerung der verhaßten Schlösser 
Harzburg, Wigantenstein, Sachsenstein (bei Walkenried), Asenburg (bei 
Bodungen) und Spatenberg (bei Sondershausen), wahrend Graf Hermann 
durch harte Drohung die Freiheit seines Neffen Magnus gegen Ausliefe¬ 
rung der auf dem Schlosse bei Lüneburg gefangenen Schwaben erzwang. 
Der Erzbischof von Cöln, welcher den um sich greifenden Zwiespalt beizu¬ 
legen bemüht war, mußte sich mit dem von den Sachsen gegebenen Ver¬ 
sprechen begnügen, auf einem in Thüringen zu haltenden Tage die Aus¬ 
gleichung der Streitigkeiten zu versuchen. Demgemäß begaben sich im
	        
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