Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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weg von seinem Vater zu seinen Brüdern mit Lebensmitteln abgeschickt, 
kam David im Lager an, als schon beide Heere ausgezogen waren, 
sich in Schlachtordnung gestellt und das Feldgeschrei erhoben hatten. 
Schnell übergab er der Wache das Hergebrachte und eilte zum Heere, 
um seine Brüder zu grüßen. Da trat eben wieder der Riese auf und 
forderte Einen, wer da wolle, zum Zweikampfe heraus. Von Furcht 
und Angst vor dem entsetzlichen Manne ergriffen, wichen Alle, die ihn 
sahen, zurück. Doch David, ergrimmt über die Frechheit des Menschen, 
der sich unterstand, das Heer des einigen Gottes 31t höhnen, fragte, 
was der zum Lohn erhalte, der diesen übermüthigen Menschen erlege? 
Eliab aber, sein ältester Bruder, fuhr ihn rauh an und warf ihm 
seine Vermessenheit und Neugier vor, daß er in's Lager gekommen sey: 
er hätte sollen bei seinen Schafen in der Wüste bleiben. Doch die 
fremden Männer, welche erwartungsvoll und staunend ob dem Muth 
und gerechten Zorn des Jünglings ihn umstanden, eröffneten ihm, ein 
großes Geschenk und des Königs Tochter sey der Preis des Kampfes, 
und außerdem werde das väterliche Haus des Siegers von allen 
Abgaben frei seyn. Der König, als er von der Sache hörte, ließ ihn 
vor sich kommen, drückte seine Verwunderung aus über sein Vorhaben 
und warnte ihn, sich nicht in einen so ungleichen Kampf einzulassen, 
dessen Ende wohl vorauszusehen sey, da er noch ein zarter Jüngling 
sey, sein Gegner aber das Kriegshandwerk von Jugend an getrieben 
habe. Doch David sprach: Habe ich ja einen Löwen, der mir mitten 
aus der Heerde ein Schaf wegnahm, besiegt und ihm die Beute aus 
dem Nachen gerissen, und gleichermaßen einen Bären überwunden: 
diesem Philister soll es nicht besser ergehen! Der mich den Klauen der 
grimmigen Thiere entrissen hat, wird mich auch aus der Hand dieses 
Philisters erretten! Darauf legte ihm der König, der in diesem Augen¬ 
blick, wo es galt, seine und des Volkes Schande von sich abzuwälzen, 
alle Eifersucht vergaß, seine eigene Rüstung an, setzte ihm seinen Helm 
auf das Haupt, legte ihm seinen Panzer an und umgürtete ihn mit 
seinem Schwerdt, dem Schutze des Himmels ihn empfehlend. Da ihm 
indessen diese Rüstung ungewohnt und lästig war, griff er wieder zu 
seinem Hirtenstab und, im Gebrauch der Schleuder, womit er bei 
seinem einförmigen Hirtenleben oft Versuche angestellt hatte, wohl 
erfahren, suchte er in dem Bache fünf glatte Kieselsteine, schob sie in 
seine Hirtentasche und gieng, seinen Stab in der Hand, voll Gott¬ 
vertrauen, auf den Feind los. Der Riese, das zwar liebliche, aber 
so gar unkriegerische Aussehen des Jünglings verachtend, sagte erbittert: 
Bin ich denn ein Hund , daß dll bloß mit einem Stecken bewaffnet mir
	        
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