Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

185 
Waffen der Erschlagenen vor sich hertragend, und als seine mit einem 
der Curiatier verlobte Schwester, den von ihr verfertigten Kriegsmantel 
erblickend, voll Trauer und verzweifelnd die Haare auflöste und laut 
weinte, so zückte der Jüngling, gereizt durch diese Klagen bei der 
allgemeinen Freude, das Schwerst und stieß es ihr in'sHerz. Staunen 
und Entsetzen ergriff die Gemüther Aller. Es wäre um ihn geschehen 
gewesen, hätte ihn nicht das Volk, gerührt durch seines Vaters Rede, 
freigesprochen. Doch mußte er zur Strafe mit verhülltem Haupte unter 
einem quer über die Straße gelegten Balken weggehen, deßwegen der 
Schwesterbalken genannt. 
Der Friede dauerte nicht lange. Mettus Suffetius, der albanische 
Anführer, hatte bei den Seinen alle Gunst verloren, weil er auf den 
für sie so ungünstig abgelaufenen Zweikampf angetragen hatte. Um 
sich nun wieder beliebt zu machen, reizte er die Vejenter und Fidenater 
gegen die Römer auf, welche nun diesen den Krieg erklärten. Auf¬ 
gefordert von Hostilius zur Theilnahme an dem Kampfe, wollte 
Mettus vorher abwarten, wem das Kriegsglück günstiger sey und 
wohin sich der Sieg neige, um sich an diese Partei anzuschließen. Des 
Tullns Soldaten stutzten ob seiner unentschiedenen Stellung; doch dieser 
gab vor, jener thue es auf seinen Befehl. Der Angriff geschah mit 
der größten Hitze und die Feinde wurden geschlagen. Als nun Suffetius 
am andern Tage dem Römer zu seinem Siege Glück wünschte, ließ 
dieser ihn greifen und als Verräther verviertheilen. Hierauf wurde Alba 
zerstört und die Einwohner nach Rom geführt. Rührend war die Scene, 
als sie unter dem Krachen der Balken die Stadt verlassen mußten,, 
wehmüthig nach den rauchenden Trümmern zurückblickend. Auf einmal, 
nach einer Krankheit, legte Tullus das Schwerst bei Seite, sein 
kriegerischer Muth sank gänzlich und an die Stelle des Waffengeklirres 
traten Opfer und andere heilige Gebräuche. Vom Blitz erschlagen, 
verbrannte er mit seinem Hause nach einer Regierung von 32 Jahren. 
Ihm folgte Ankns Marcius, Enkel des Runm und eben so ein 
Freund der Religion, der Gerechtigkeit und des Friedens. Er griff 
zwar auch zu den Waffen, aber nur gezwungen. Als die Latiner sich 
dem mit Tullus geschlossenen Bündnisse entzogen, ließ er ihnen den 
Krieg in aller Form erklären, war Sieger im Kampfe und führte, die 
Bewohner der eroberten Städte nach Rom, wo sie den Aventinuö und 
das Thal zwischen diesem und dem Palatinischen Hügel anbauten. Hier 
wohnten besonders die Plebejer. Auch gegen die Vejenter war er 
glücklich uyd eroberte das Land bis an die Mündung der Tiber, wo 
er den Hafen Ostia gründete. Er erbaute mitten in der Stadt zur
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.