575
geistliche Ketzergericht) in Spanien mit furchtbarer Strenge und Tau¬
sende fanden wegen Ketzerei den Tod in den Flammen.
Auch in Deutschland übte die Geistlichkeit viele Gewalt aus und
auch der hohe und niedere Adel maßte sich viel Gewalt au. Da war
es wohl endlich nöthig, daß ein kräftiges Oberhaupt auftrat. In der
Schweiz lebte 1273 ein edler Graf, Rudolph von Habsburg, der schon
in Friedrichs II. Heer gedient und sich wacker gehalten hatte. Noch
sieht man die Ruinen seines Schlosses im Aargau. Nach seines Vaters
Tode suchte er seine ererbten kleinen Besitzungen zu erweitern, indem
er eine Schaar von gemischten Leuten unter sein Banner reihte, mit
denen er seine unruhigen Nachbarn befehdete. Durch eine glückliche
Heirath gewann er noch an Ansehen und Macht und stieg auch dadurch
immer mehr in der Achtung, daß er die friedlichen Bürger gegen die
raubsüchtigen Adeligen beschützte. Als Erzbischof Wernher von Mainz
nach Rom meiste, um das Pallium (das Zeichen der erzbischöflichen
Würde) zu erhalten, wurde er von Rudolph nicht nur höchst freund¬
schaftlich empfangen, sondern bei der Unsicherheit der Wege auch bis
über die Alpen begleitet, was Wernher außerordentlich für ihn einnahm.
Früher schon war Rudolph ein Priester begegnet, der, mit den heiligen
Sakramenten versehen, bei schlechtem Wege zu einem Kranken in's
nächste Dorf gieng. Rudolph, ihn erblickend, stieg ab, verneigte sich
und nöthigte den Geistlichen, sich auf sein Pferd zu setzen, während er
darneben hergieng und es sogar führte. Der Erzbischof hatte Rudol¬
phen bei dem Abschiede gesagt, er werde seiner gedenken, und er hielt
auch Wort. Als die Bischöfe und Fürsten wegen der Kaiserwahl in
Frankfurt versammelt waren, schlug er ihn vor, da ihm an Einsicht,
Verstand und Thätigkeit Keiner vorzuziehen sey. So erhielt er den
Vorzug vor dem mächtigen Ottokar von Böhmen, der sich ebenfalls
um die deutsche Krone bewarb. Die anwesenden Kurfürsten waren fast
alle noch unvermählt und da Burggraf Friedrich von Nürnberg, ein
Verwandter Rudolphs, bemerkte, dieser habe sechs schmucke Töchter,
die er sehr gern mit solchen Männern vermählen werde, so war die Kaiser¬
wahl in ganz kurzer Zeit im Reinen. Rudolph, voll Gefühl seiner
selbst, schien zwar überrascht, nahm aber, weder erstaunt, noch ver¬
wundert, die Krone an, zog von Basel, das er belagerte, ab und
eilte nach Frankfurt, von wo er nach Aachen geleitet wurde. Die'
Krönung erfolgte unter lautem Jubel 1273. Da nun die übliche
Belehnung vorgenommen werden sollte und, als man schon vor dem
Altar stand, daö Scepter vermißt wurde, ergriff Rudolph ein Kreuz
mit der Aeußerung, dieses werde, da es die Welt erlöst habe, doch