Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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War, daß sie der Besatzung in Orleans Lebensmittel zuführe. Von 
einer kleinen Schaar begleitet, gieng sie dahin, die Engländer warfen 
die Waffen weg und Johanna zog feierlich in Orleans ein, freudig 
don den Bewohnern als ihre Netterin empfangen. Da sie den ganzen 
Tag Nichts genossen hatte, wurde ihr eine treffliche Mahlzeit bereitet; 
doch sie nahm Nichts davon zu sich, als etwas Wein, mit Wasser 
vermischt, in einer silbernen Schaale, in welche sie einige Schnittchen 
Brod tauchte. Wenn sie schlief, lag immer ihre Rüstung zur Seite, 
als Schätzerin ihrer Jungfräulichkeit, auf welche die Engländer aus 
Neid und Verdruß einen schwarzen Flecken zu werfen sich bemühten. 
Da die Franzosen immer glückliche Ausfälle unter ihrer Anführung 
machten, so erklärten es die Anführer derselben als Werk des 
Satans, der mit ihr im Spiele sey. Alle von den Feinden gewonnene 
Schanzen kamen wieder in die Hände der Franzosen und wo ihre Fahne 
flatterte, war der Sieg. Endlich, als auch das stärkste Fort (Fort, 
fester Platz) siel, hoben die Engländer die Belagerung auf. Sie hatten 
es mit aller Macht vertheidigt, die siebzehnjährige Jungfrau war selbst 
verwundet worden, das Blut rann stromweise und sie konnte sich der 
Thränen nicht enthalten. Doch kaum war sie verbunden, so beichtete 
sie ihrem Priester und kehrte in den Kampf zurück, bis die Stadt 
entsetzt war. Nun eilte sie zu dem Könige, um ihr Versprechen zu 
erfüllen und ihn nach Rheims zur Krönung zu führen. Noch war diese 
Stadt ein Eigenthum der Feinde und der ganze Weg dahin von ihnen 
besetzt. Dennoch bewog sie Carl, den Zug zu unternehmen. Aurerrc 
(Orär) versagte den Eintritt, reichte aber doch Lebensmittel, an denen 
Mangel war, und da sich Troyes heftig-widersetzte und trotz des 
ansehnlichen Heeres und des wiederholten Angriffs nicht genommen 
werden konnte, rieth man bereits dazu, umzukehren. Doch die Jungfrau 
ricth, noch einige Tage zu warten. Es wurde noch ein Angriff versucht 
und die Stadt ergab sich. Auf offenem Felde flohen die Engländer 
uoch vor einem Treffen und mehrere Tausende verloren auf der Flucht 
das Leben. Alle Städte öffneten , als man weiter zog, freiwillig die 
Thore und Rheims selbst sandte dem König die Schlüssel der Stadt zu. 
Gleich den Tag darauf wurde die Krönung vollzogen, zu welcher bei 
Nacht die Vorbereitungen gemacht worden waren. Johanna stand am 
Altare neben dem Könige, die weiße Fahne in der Hand, und das laute 
Freudengeschrei der Menge hallte wieder von dem hohen Gewölbe des 
Doms. Nach Beendigung der Feierlichkeit sank Johanna auf die Kniee 
nieder, dankte dem Höchsten und der heiligen Maria für das Gelingen 
ihrer Unternehmung und wünschte dem Könige Glück zu dem frohen
	        
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