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Reisegeld ausgewirkt hatte, die er erhalten solle, wann er abgereist
sey, so gieng er doch nicht, sondern verlangte noch weitere tausend
Beutel. Da nun der Sultan sich weigerte und auch die Lieferungen
an Lebensmitteln aufhörten, so verließen ihn die Polen und Kosaken,
so daß er nur noch 300 Schweden um sich hatte. Die 20 arabischen
Pferde, die ihm der Großherr geschenkt hatte, ließ er todtschießen. Da
rückte, weil Carl so hartnäckig war, ein türkisches Heer mit 10 Kanonen
gegen wenige Hütten und 300 Mann heran. Bald ergaben sich die
Meisten von diesen; nur Carl wehrte sich wie rasend, verrammelte die
Thüren und ließ aus den Fenstern feuern. Schon brannte sein Haus
und er wollte sich nach einem andern, festeren Platze durchschlagen.
Als er aber die Thüre öffnen ließ und mit seinem Haustein die Türken
mit Pistolen begrüßte, stolperte er, oder verwickelte sich mit seinen
Sporen, siel hin und wurde nun von den Ianitscharen entwaffnet.
Er wurde nun nach Bender und darauf nach einem Dorfe bei Adria-
nopel geführt und überall mit Bewunderung und Achtung empfangen,
da man solche Tapferkeit noch nie gesehen hatte. Darauf wurde er nach
Demotika gebracht, wo er höchst einfach lebte und in zehn Monaten
das Zimmer nicht verließ.
Da seine Neichsräthe an seiner Rückkehr verzweifelten und bereits
seiner Schwester Anträge machen ließen, diese jedoch in der Türkei bei
ihm anfragen zu müssen glaubte, so ließ er die Weisung an sie ergehen,
wenn sie regieren wollen, so werde er ihnen einen von seinen Stiefeln
schicken, von dem sie Befehle einholen könnten. Endlich nach einem
vergeblichen Aufenthalt von fünf Jahren verließ er die Türkei, von
reichen Geschenken und einem zahlreichen Gefolge begleitet. Nachdem
er dieses entlassen, ritt und fuhr er abwechslungsweise mit den Obersten
Döring und Rosen Tag und Nacht fort. In 14 Tagen machten sie
den Weg über Ofen, Wien, Nürnberg und Braunschweig nach Stral¬
sund, 280 deutsche Meilen. Da ihn der wachhabende Offizier nicht
einlassen wollte, weil er sich nur für einen Kurier ausgab, und der
König nun mit Aufhängenlassen drohte, so wurde ihm gewährt. Man
mußte ihm die Stiefeln von den Beinen schneiden. Die Freude des
treuen Volks war außerordentlich. Da er indessen die Stadt, welche
von Leopold von Dessau, der die Preußen, Dänen und Sachsen
befehligte, beschossen wurde, nicht retten konnte, mußte er sich nach
Schweden einschiffen. Bald rückte er in Norwegen ein, um die Dänen
zu bekämpfen und belagerte die Festung Fricdrichshall 1716 mit dritt-
halbtausend Mann. Als die Unterhandlung in Betreff einer Verbindung
mit Rußland, noch nicht ganz zu Ende war, welche der Minister Görz