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ly ihn tadelte; aber immer war das Ende dieses Zornes,
daß seine Freundschaft und sein Zutrauen wuchsen. „ES
giebt der Narren, sagte er einmal, die sich einbilden,
wenn ich mir Herrn von Sülly gespannt bin, daß das
lange dauern soll. Allein sobald ich erwäge, daß er
mir nie Einwendungen macht, und nie mir entgegen ist,
als zu meinem eigenen Besten und um meiner eigenen
Ehre willen; so gewinn' ich ihn immer lieber und lieber,
und werde dann gleich ganz ungeduldig, es ihm zu sa¬
gen.^ — Der Neid der Hofleute versuchte mehreremale,
solche Zwischenzeiten des Unwillens zu benutzen, um
den mächtigen Freund des Königs zu stürzen: allein nie
gelang es vor Heinrichs reiner Seele. Einst hatte sich
Sülly über Vorwürfe, die man ihm gemacht, beim
König vertheidiget: dieser kam ihm gleich mit der zuvor¬
kommendsten Freundlichkeit entgegen; und Sülly, da¬
durch gerührt, wollte sich dem König zu Füßen werfen.
Heinrich aber, der in einiger Entfernung die Hofleute
stehen sah, hielt ihn zurück, und sagte: Nicht doch,
stehet auf! die Menschen dort könnten sich einbilden, ich
hatte euch würklich etwas zu verzeihen. — Einige Zeit
darauf that ihm Sülly wegen einer unrechten Handlung
so nachdrückliche Vorstellungen, daß der König in hefti¬
gen Zorn gerieth, und plötzlich aufstand und wegging:
„Das ist ein unausstehlicher Mensch ' er thut nie etwas
anders, als mir widersprechen; und Alles Zu mißbilli¬
gen was ich will. Aber bei Gott! ich will mir Gehor¬
sam verschaffen: ich will ihn in 14 Tagen nicht sehen."
Des andern Morgens um 7 Uhr hört Sülly, der schon
seit 3 Uhr für seinen König gearbeitet hatte, an seine
Thür klopfen. Wer ist da? ruft er. Der König! ruft
man; und Heinrich trit herein, umarmt seinen Freund,
und sagt: Wenn Ihr mir nicht mehr widersprechen wer¬
det, werde ich glauben, daß Ihr mich nicht mehr liebt.
— Gewiß zahlte Heinrich solche Augenblicke zu den
schön¬