Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte oder umständlichere Erzählung der merkwürdigen Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte

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Rath des Orakels begeben hatte. Zuerst sollte er den nemäischen 
Löwen, ein unverwundbares Ungeheuer, todten. Er suchte ihn auf, 
fand ihn in eine Höhle geflüchtet, drang hinein, umschlang ihn mit seinen 
Armen, erdrückte ihn mit seinen Fäusten und trug ihn nach Micenä. 
Die zweite Arbeit war, die Hyder oder die leruäische Schlange, ein 
neunköpfiges Ungeheuer, welches sich in den Sümpfen von Lerna auf¬ 
hielt, zu tödten. Sein Neffe Jolaos begleitete ihn auf seinem Zuge. 
Brennende Pfeile trieben das Unthier aus seinem Schlupfwinkel. Her¬ 
kules ergriff es nun bei einem der Hälse und schlug mit dem- Schwerte 
die Köpfe ab, doch so wie einer herunter war, wuchsen wieder zwei 
an dessen Stelle, und als außerdem ein ungeheurer Krebs aus dem 
Sumpfe hervorkroch und den Helden furchtbar kniff, zündete Jolanthe 
den nahe gelegenen Wald an und brannte dann mit glühenden Baum¬ 
stämmen die Stelle aus, von wo Herkules einen Kopf abgehauen hatte, 
so daß keine neuen wieder wachsen konnten. Nach dem Tode des Unge¬ 
heuers spaltete Herkules dessen Körper und tauchte die Pfeile in die 
Galle, wodurch sie vergiftet und unfehlbar tödtlich wurden. Die dritte 
Arbeit war: eine der Diana geweihte Hirschkuh, welche die ceryneische 
Hirschkuh hieß und goldene Geweihe und eherne Füße hatte, zu fangen 
und nach Micenä zu bringen. Er verfolgte die Hindin ein Jahr lang 
und holte sie am Fluße Ladoa ein. 
Viertens sollte er den erymanthischen Eber fangen, welcher um 
den Berg Erimanthus furchtbar hauste und alles verwüstete. Er trieb 
den Eber zuerst auf ein mit tiefem Schnee bedecktes Feld, lud ihn auf 
seine Schultern und trug ihn nach Micenä, um ihn seinem Gebieter 
zu zeigen. Dieser verkroch sich, als er den Eber erblickte, in ein Faß. — 
Die fünfte Arbeit war: in einem Tage die Ställe des Augias, Königs 
zu Elis, zu reinigen. In diesen Ställen standen 3000' Rinder. Er 
riß einen Theil der ummauerten Ställe ein, leitete die Flüsse Alphaeus 
und Peucus hinein, damit ihre Fluthen den Unrath wegspülen sollten. 
Augias versprach dem Herkules 300 Rinder für diese Arbeit, hielt aber 
nicht Wort. — Die sechste Arbeit bestand darin, die Stymphaliden zu 
tödten. Diese waren furchtbare Raubvögel mit ehernen Flügeln, die sie 
gleich Pfeilen abschießen konnten, und gegen welche der stärkste Panzer 
nicht schützte. Sie hielten sich in den dichten Waldungen am See 
Stymphalis in Arkadien auf und thaten in dieser Gegend vielen 
Schaden. Minerva gab Herkules eine große Klapper, welche die Thiere 
auftrieb, und er erschoß sie in der Luft mit seinen Pfeilen. — Die 
siebente Arbeit war: den wüthenden Stier auf Kreta zu sangen. Er 
brachte ihn lebendig nach Micenä, wo Erystheus ihn wieder frei ließ. 
Später wurde er von Theseus erlegt, als er in anderen Gegenden 
Griechenlands vielen Schaden anrichtete. Als achte Arbeit war ihm 
aufgegeben, die fleischfressenden Stuten des thrazischen Königs Diomedes 
nach Mycenä zu bringen. Alle Fremden wurden diesen Thieren vom 
Könige vorgeworfen; Herkules tödtete die Wächter und brachte die Rosse 
glücklich bis ans Meer. Diomedes setzte ihm nach, erreichte ihn und 
kämpfte mit ihm, ward aber von Herkules besiegt. Die neunte Arbeit 
war: von der Amazonen-Königin Hippolyte in Scythien das von 
Mars geschenkte goldene Wehrgehänge zu holen. Herkules begab sich 
mit seinen Kampfgenossen auf ein Schiff und kam, nach mehrfach über-
	        
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