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der selbst Protestant war, stellte sich endlich an die Spitze der Unzu¬
friedenen und zwang Karln 1522 zu dem Passauer Vertrage, der nach- 1522
her 1555 durch den Religionsfrieden zu Augsburg bestätiget wurde. 1555
Es ward den Protestanten überall im Reiche freie Religionsübung be¬
williget; sie sollten alle Einkünfte aus den vormals katholischen Klöstern
und Stiftungen behalten dürfen;g niemand sollte wegen der Religion
irgendwo eine Kränkung erfahren; jedem sollte erlaubt sein, um der
Religion willen auszuwandern, wohin es ihm beliebte; jeder nach freier
Willkühr glauben und leben.
Doch so schön dieser Friede lautet, so wenig erfreulich waren seine
Wirkungen in Deutschland. Denn auch die Protestanten blieben nicht
auf der goldenen Mittelstraße, sondern viele unter ihnen suchten mit
Luthers Feuereifer Andersglaubende zu bekehren; viele Fürsten reizte
Habsucht, die Katholiken zu beschränken, um die Einkünfte von Klöstern
und Kirchen an sich zu ziehen. — Allein diesen Anmaßungen und Ein¬
griffen setzten die Katholiken natürlich Widerstand entgegen, und so
wuchs die Erbitterung von beiden Seiten gegen einander.
Dazu bildete sich jetzt unter den Katholiken eine äußerst schlaue
Gesellschaft, die Jesuiten. — Ignatius Loyola, ein spanischer Offizier,
hatte sie 1450 gestiftet. Er wurde bei der Belagerung einer spanischen 1450
Stadt verwundet, und viele Wundergeschichtchen von Heiligen, die er
während der langweiligen Kur las, erhitzten seine Einbildungskraft so,
daß er den Gedanken faßte, einen neuen geistlichen Orden zu stiften.
Alle, die er dazu aufnahm, mußten versprechen, ehelos zu leben, unbe¬
dingt ihrem Vorsteher zu gehorchen, keine weltliche Schätze zu besitzen
und überall in die Welt auszuziehen, die Heiden zu bekehren. Als
Oberhaupt aber erkannten sie den Pabft in Rom. Anfangs waren nur
10 Mitglieder, aber nach kaum 60 Jahren waren ihrer einige tausend.
Diese Gesellschaft Jesu versuchte nun, die katholische Religion wieder
in Ansehen zu bringen. Sie bestand fast aus lauter gelehrten Männern;
diese legten Schulen an, ertheilten unentgeldlich Unterricht, und ihre
Schüler kamen bald allgemein in den Ruf großer Gelehrsamkeit. Da¬
bei beobachteten sie eine äußerst strenge Lebensweise und wußten durch
den äußeren Schein von Heiligkeit Vornehme und Volk zu gewinnen.
Nach und nach wurden die wichtigsten geistlichen Stellen bei den Ka¬
tholiken alle mit Jesuiten besetzt; und im Stillen wirkten sie der Aus¬
breitung des Lutherthums mächtig entgegen, entzogen ihm manchen
klugen Kopf und trugen nicht wenig dazu bei, die Erbitterung zwischen
beiden Parteien zu vermehren. — L>o ging es bis in den Anfang des
17ten Jahrhunderts hin: es war kein Friede, doch war auch kein
Krieg. — Endlich mußte Böhmen die Veranlassung zu einem furcht¬
baren Kriege geben, der 30 Jahre hindurch von 1618 bis 1648 Deutsch¬
land verheerte, und an dem auch auswärtige Reiche, besonders Schwe¬
den und Frankreich, zum Nachtheil des uneinigen Deutschlands, nicht
unbedeutenden Antheil nahmen.
In Böhmen waren ungeachtet der Verbrennung Hussens 1415
doch viele Anhänger seiner Lehre geblieben; bei diesen fanden die Reli¬
gionsverbesserungen Luthers und Zwingli's sehr schnellen Eingang, und
wiewohl sie sich weder Lutheraner noch Reformirte nannten, waren sie
doch im Grunde Protestanten. Man nannte sie gewöhnlich die böh-
Bredo« u. Erz. a. t>. allg. Weltg. 13. Au fl. 20