Full text: Kleine Lebensbilder aus dem Alterthum

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Cicero, der nur zu gut merkte, daß dies auf ihn gehe, mich 
dem Sturme aus und begab sich freiwillig ins Exil. Kurz darauf 
wurde die Acht über ihn ausgesprochen, fein Haus Zerstört und 
seine Landgüter geplündert. Er ging nach Macédonien und lebte 
bei einem Freunde in Thessalonich (Salonichi); sechszehn Monate 
später wurde er auf Antrag mehrerer Volkstribunen von der 
allgemeinen Stimme sämmtlicher Wahlkreise zurückberufen; seine 
Rückkehr glich einem Triumphzuge, sein Haus wurde wieder auf¬ 
gebaut und zur Wiederherstellung seiner Landgüter ihm eine 
Summe Geldes angewiesen. Aber er gelangte zu Rom nicht 
wieder Zum vorigen Ansehn, man suchte ihn Zu entfernen, und so 
mußte er einem Gesetze des Pompejus gemäß im Jahre 51 als 
Statthalter nach Cilicien gehen, wo er sogar in einem Kriege 
gegen die Parther sich den Ehrentitel Imperator erwarb. Als 
der Krieg zwischen Cäsar und Pompejus ausbrach, schloß er sich 
dem letzteren an, weil er ihn für einen ehrlichen Freund und 
Beschützer der Republik hielt. Rach dem Siege Cäsars lebte er 
still für sich und entfernt von den Staatsgeschäften, obschon Cä¬ 
sar ihn freundlich behandelte und sogar vor Anderen auszeich¬ 
nete; er schrieb damals mehrere seiner Werke. 
Kaum war Cäsar ermordet, so kehrte Cicero in den Senat 
zurück, nahm wieder thätig Theil an den Verhandlungen und 
bewirkte eine Amnestie, d. h. Vergessen und Verzeihung des Ge¬ 
schehenen; den Brutus und Cassius aber lobte er ausnehmend 
und Zog sich dadurch den Haß der Anhänger Cäsars, besonders 
des Antonius zu. Er schloß sich nun dem adoptirten Sohne 
und Erben des Cäsar, dem Octavianus an, von dem wir im 
Folgenden hören werden. Dieser aber, der anfangs feindlich 
gegen den Antonius aufgetreten war, verband sich bald darauf 
mit ihm und einem gewissen Lepidus Zum Zweiten Triumvirate. 
Run wiederholte sich das von Sulla gegebene Beispiel der Pro¬ 
scriptionen; Antonius setzte den Cicero, den er glühend haßte, 
auf die Liste der Geächteten und vermochte den Octavian, seine 
Genehmigung dazu zu ertheilen. Als Cicero die Nachricht hier¬ 
von auf seinem Landgute bei Tusculum erhielt, suchte er sein 
Heil in der Flucht. Unschlüssig kehrte er indeß auf sein Gut 
Zurück, ließ sich aber bei der Annäherung der Soldaten in einer
	        
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