Full text: Darstellung der allgemeinen Verhältnisse und Erscheinungen der Völkerkunde (I)

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Kap. 2. Vo» den Einflüssen der NahningSweise. 
einzelnen National-Jndividualitäten in Anwendung gebracht 
werden zu können. — 
§. 7. Der Einfluß der Nahrungsweise ist relativ. 
Der Prozeß der Ernährung gehört zn denjenigen räth- 
selhaften Vorgängen, welche der täglichen und gemeinsten Er¬ 
fahrung ganz nahe liegen, und dennoch in ihrem eigentlichen 
Wesen niemals ganz aufgefaßt und begriffen werden können. 
Noch räthselhafter ist daher die Weife, in welcher, noch 
unerklärlicher die Natur der Agentien, durch welche ver¬ 
schiedene Nahrungsstoffe auf den Organismus wirken, wenn¬ 
gleich wir, daß sie auf eine bestimmte Art wirken, durch die 
Erfahrung, wiewohl nur in einem engen, beschränkten Kreise, 
bestätigt sehen. 
Es ist indeß eine allgemein verbreitete Ansicht, eine An¬ 
sicht, die sich bei allen denkenden, entwickelten Völkern wie¬ 
derfindet, daß ein wirklicher Zusammenhang zwischen dem 
rohen Nahrungsstoff und den: Organismus stattfinde, daß 
»licht nur der Mensch, sondern daß auch die Thiere von den 
aus jenen Stoffen auf den Organismus wirkenden Einflüssen 
ergriffen und danach in ihrer Individualität modifizirt wer¬ 
den, unb daß sich diese Einflüsse »richt nur in der leiblichen 
Beschaffenheit, sondern auch in der Seelensiilmuung und Gei- 
siesrichtullg aussprechen, da durch die uaturnothwe»»dige Wcch- 
selwirkung zwischen der leiblichen und geistigen Natur jede 
Einwirkung, welche die erstere erfährt, auch der letzteren mit¬ 
getheilt werden muß. — Und in der That! — wer sich die 
Stufenleiter der »neuschlichen Genüsse vom Thraukruge des 
Grönländers u»»d dem blutigen Mahle des Australiers bis 
zum Champaguerkelche des Franzosen u»»d den aromatischen 
Spezereien des Inders vergegenwärtigt, mag darin leicht 
eine Analogie mit den verschiedenen Abstufungen der geistigen 
Enttvickelung des Menschen erkennen. Aber die Art, das 
Gesetzinäßige dieses Zusamlnenhallges kann höchstens in den 
äußersten Extremen ei»»igennaßen begriffen, auf allen einzelnen 
Stufen jener Leiter aber schwerlich nachgewiese»» werden. — 
Je einfacher, einaktiger, gleichmäßiger die Nahrung, 
sagt man, desto gesünder der Leib, desto glcichmüthigcr die
	        
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