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durch eigenes Beispiel und Befehle die Kenntnisse des
Auslandes und mildere Sitten in Rußland zu verbrei¬
ten gesucht. Er schaffte es ab, daß man vor dem Zar
niederfiel; er gebot kurze Röcke statt der bisherigen
langen Mäntel zu tragen; er befahl den Bart zu scher-
ren; führte die Frauen in Gesellschaften; ließ fleißig
Bücher ins Russische übersetzen, und legte Schuten
an. — Er starb 1725 den 28. Januar.
57. ^
Preußen, das kleinste der im 18ten Jahrhun¬
dert mächtigen Reiche Europas, dankte den ersten
Grund seiner Macht Friedrich Wilhelm dem
Großen, 1640 —1688. Der Sieg bei Fehrbel¬
lin über die Schweden 1675 gewann dem Namen des
Kurfürsten Achtung; durch die französischen Reformir-
ten bevölkerte, bereicherte und bildete er sein Land.
1701 gab sich sein Sohn, Friedrich !., den Titel Kö¬
nig in Preußen, 1688 — 1713. König Friedrich
Wilhelm I. (1713 — 1740), ein Muster der streng¬
sten Sparsamkeit, aber ein wahrer Vater seines Lan¬
des, bevölkerte, wie sein Großvater, seine Staaten
durch fleißige Ausländer, sammelte ein trefflich geüb¬
tes Herr, und hinterließ eine volle Schatzkammer.
Friedrich II. (1740 — 1780) wußte, was sein Va¬
ter erworben hatte, zu benutzen. Da ihm Maria The¬
resia von Oesterreich einige schlesische Fürstenthümer,
die er rechtmäßig fodern konnte, nicht abtreten wollte,
eroberte er 1741 ganz Schlesien, und Theresia mußte
es in den Friedensbesch.lüssen von 1742 und 1745 dem
Könige überlassen. Doch im stillen sann sie auf Rache,
und verband sich mit Rußland, Sachsen, Frankreich,
Schweden und mehreren deutschen Reichsstaaten ge-