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Zweite Periode.
Wohlfahrt recht wohl zu vereinigen weiß. Die altgläubige
Parthei gab indeß ihren Widerstand sobald nicht auf. Zu
einer erledigten Pfarrstelle an Nicolai ward der berühmte
Dr. Johann Bugen Hagen aus Wittenberg berufen, er¬
hielt aber, als er sich schon zur Abreise fertig gemacht hatte,
ein Abrathungsschreiben aus Hamburg, weil nicht die ganze
Stadt in die Wahl gewilligt hatte, da er verheirathet war.
Man wählte statt seiner Heinrich Senden horst, einen
ächten Papisten und dieser verließ bald darauf heimlich seine
Wohnung und die Stadt aus unbekannten Gründen, aber
zu einer Zeit, als gerade die Pest hier herrschte. Da aus
dieser Ursache die Wahl eines neuen Predigers keinen Auf¬
schub litt, so ernannte die versammelte Nicolai-Gemeinde
Zegenhagen zum Pfarrer, hatte aber den Verdruß, dessen
Einführung von den Kirchspielsherren untersagt zu sehen.
Als jedoch die Bürger freimüthig auf ihrem Recht bestan-
standen, so ward die Wahl bestätigt, und bald darauf ver¬
mehrte sich die Zahl der evangelischen Prediger noch durch
Johann Fritze aus Lübeck, welcher Prediger an der Ja-
cobi-Kirche wurde. Der Kampf begann also jetzt zwischen
der Finsterniß und dem Licht, und ward hartnäckig, wenn
dieses auch zuweilen den Sieg davon trug. So geschah es
am Weihnachtsfeste. Um Zegenhagen dem Volke verhaßt
zu machen, verabredeten sich die Priester der Gegenparthei,
am Feste nicht im Chor zu erscheinen, damit die gebräuch¬
lichen Festgesänge gestört würden; der besonnene Pfarrer ließ
aber den Gesang mit seinen Capellanen, Schullehrern und
Schülern ausführen, so daß die Gemeine freudig ausrief:
„Was bedürfen wir der vielen Pfaffen, wenn so wenige Per¬
sonen es wohl ausrichten können?" Als am nächsten Sonn¬
tage die Priester wieder erschienen, ließ der edle Zegenhagen
ihnen das Chor schließen, und schaffte nun manche Kirchen-