Full text: Preußisch-deutsche Geschichte vom Ende des Großen Krieges bis zum Beginne des Zwanzigsten Jahrhunderts (H. 3)

— 136 — 
Die oberste Behörde der Post ist das Reichspostamt in Berlin. Das 
Reich (außer Bayern und Württemberg) ist in OberpostdirekLionsbezirke 
eingeteilt, unter denen die Postämter und die Telegraphen- und 
Telephonämter stehen. Den Verkehr nach den Ländern überm Meere 
vermitteln die Reichspostdampfer, die zugleich Handelsschiffe sind. Zur Ver¬ 
mittelung des Telegraphenverkehrs mit den Ländern jenseit des Weltmeeres 
sind Telegraphenleitungen (Kabel) auf dem Meeresgrunde gelegt. 
Ähnlich wie das Post-und Telegraphenwesen wurde auch das Eisen¬ 
bahnwesen einheitlich gestaltet. Die meisten Eisenbahnen waren anfangs 
Unternehmungen von Privatgesellschaften, die dabei sehr gute Geschäfte 
machten. Allmählich begannen auch die Regierungen Bahnen anzulegen; 
aber die Gesellschaften bauten nebenher rüstig weiter. Bismarck setzte es 
durch, daß nach und nach jene Bahnen in Preußen, die dem Staate nicht 
gehörten, angekauft wurden. Die Verstaatlichung der Eisenbahnen er¬ 
folgte durch Albert von Maybach, der 1879 zuerst Eisenbahnminister, oder 
wie der Titel tautet: Minister der öffentlichen Arbeiten wurde. Das 
schwierige Werk gelang, und heute sind fast alle Eisenbahnen in Preußen staatlich. 
Unter dem Eisenbahnministerium in Berlin stehen die Eisen¬ 
bahndirektionen, in welche das ganze preußische nebst dem hessischen Ge¬ 
biet eingeteilt ist. Unter den Direktionen stehen die verschiedenen Inspek¬ 
tionen für Betrieb, Maschinen, Werkstätten, Verkehr und Telegraphen, 
sowie die Bauabteilung (für Neubauten). Die Betriebs in spektionen be¬ 
aufsichtigen die Bahnstrecken (Haupt- und Zweigbahnen) mit den Stationen 
und Haltestellen. 
II Das Steuerwesen in Preußen. 
Die Unterhaltung aller Reichs-, Staats- und Gemeindeeinrichtungen 
kostet Geld. Reich, Staat und Gemeinde tun zwar ihr Möglichstes, um 
ihren Mitgliedern den Genuß jener Einrichtungen so billig als möglich zu 
gestalten; aber umsonst können sie es nicht leisten, und so muß eben jeder, 
wenn er nicht zu wenig begütert ist, Steuern zahlen. 
Das Reich erhebt keine direkte Steuer vom einzelnen. Es deckt seine 
Ausgaben aus 1. privaten Einnahmen (Reichseisenbahnen u. a.), 2. Ge¬ 
bühren (Post, Telegraphie it. a.), 3. indirekten Steuern (Salz- Tabak-, 
Branntwein-, Bier-, Zucker-, Spielkarten-, Stempel-, Börsensteuer u. a.) 
und Zöllen und 4. aus direkten, bestimmt festgesetzten Beiträgen (Ma- 
trikularbeiträgen) der Einzel st aaten. 
Der Staat (Preußen) deckt seine Ausgaben zunächst aus den Ein¬ 
künften seiner Kapitalien, Domänen und Betriebe (Bergwerke, Salinen, 
Fabriken u. a.). Außerdem erhält der Staat die Mehrerträge der Ge- 
treide- und Viehzölle und Anteile an verschiedenen indirekten Steuern 
vom Reiche überwiesen. Dazu kommen die Erträge einer Reihe von Gebühren 
und Stempelabgaben. Aus diesen Einkünften erhält auch der König alljähr¬ 
lich eine bestimmte Summe (Zivillifte), damit er seine Hofhaltung bestreiten 
kann. (Er besitzt aber außerdem noch ein großes Privatvermögen an Geld, 
Schlössern und Gütern.) Die genannten Einnahmen des Staates reichen 
jedoch bei weitem nicht, um die Ausgaben zu bestreiten. Da muß denn die 
direkte Besteuerung der Untertanen eintreten.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.