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bleibende Treiber des Packtieres erzählt, jeder Mann sofort aus sein Pferd.
Mit dem gellenden, unablässig wiederholten Rufe: „LI leon! el leon!"
jagt er dem flüchtenden Kuguar uach. Sobald die Hunde den Wohlde-
kannten Ruf hören, schließen sie sich heulend an; von allen Seiten her
sprengen erregte Männer, hetzen gierige Kläffer. So wächst die wilde
Jagd von Minute zu Minute; au Stelle eines zurückbleibenden Reiters
treten mindestens zwei andere, ueu herzustürmende, und da auf vielen
Landgütern 20—30 Köter gehalten werden, wird die Meute überaus
zahlreich.
So entwickelt sich die Hätz anch jetzt; die Rosse setzen wie Hirsche
über Gräben, Hecken, Umfriedigungen und sonstige Hindernisse; für sie giebt
es kanm Schwierigkeiten, nnd die meisten von ihnen haben überdies schon
mehr solcher tollen Rennen mitgemacht. Den Reitern aber erweckt die
halsbrecherische Jagd lebhaftes Vergnügen statt schwachherziger Sorge,
denn fast alle Chilenen sind sattelfeste, unerschrockene Reiter. Dort stürzt
einer der kühnen Männer; sein Roß rennt nicht weiter, es bleibt ruhig
neben ihm stehen. Durch die Erfahrung gewitzigt, weiß das kluge Tier,
daß es beim Weiterjagen leicht aus das früher beschriebene lange, als
Peitschenriemen dienende Zügelende tritt und sich infolge des dadurch eut-
stehenden Ruckes leicht den Gaumen durch das überaus scharfe Galgen-
gebiß verletzt. Die chilenischen Pferde haben diese Gewohnheit sämtlich,
aber sie entspringt nicht der Anhänglichkeit an den Reiter, sondern nur
der Furcht vor der erwähnten Schädigung. — Die übrigen Männer stieben,
ohne sich im mindesten um den Gestürzten zu kümmern, mit der Schnelle
der Vögel, die kreischend vor dem wilden Hausen hersausen, weiter. Der
verfolgte Kuguar wendet alle nur möglichen Kniffe an, um sich der ge-
sährlicheu Verfolgung zu entziehen, namentlich schlägt er wiederholt Haken
und führt dadurch Männer wie Hunde irr. Doch bald ist seine Spur
wieder gesunden, und mit verdoppeltem Eifer geht es hinter dem schlauen
Räuber her. Wieder und wieder schlägt er Haken, aber die Männer er-
kennen dies mit Jubelgeschrei, denn sie ersehen daraus, daß der anfänglich
immer geradeaus laufende Baudit zu ermüden beginnt. Jetzt hemmt ihn
ein blitzender See; wie alle Katzenarten das Wasser scheuend, biegt er zur
Seite und kommt auf Sennor Osorio los. Dieser jagt ihm mit wildem
Geschrei entgegen, der Puma stutzt, wendet sich und versucht so zu ent-
kommen; aber seine Erschöpfung ist bereits so groß, daß er nach jedem
Satze einige Augenblicke keuchend rasten muß. Bis auf etwa fünfzehn
Schritte ist der Chilene heran; da wirbelt der Lasso um das Haupt des
Reiters, schnürt sich einer Schlange gleich um den Hals des Raubtieres,
und hochausbäumend wendet sich gleichzeitig das Roß gedankenschnell. Wie
ein Pfeil saust es rückwärts, den Kuguar am Lasso nachschleifend; der bald
genug erdrosselte Räuber wird von den jubelnd herzueilenden anderen
Reitern noch mit Knütteln und Messern bearbeitet, mit großen Steinen
geworfen, bis der Rachedurst vollständig gestillt ist. Ein Peon Osorios
jagt zum nächsten Richter, um die Geldprämie zu holen, die auf Erlegung