Full text: Das Mittelalter (Theil 2)

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Den lebhaftesten Widerstand fand er hei seinen Stammgenossen, den 
Koreischiten. Seine Lehre schien ihnen Beschimpfung der vaterländischen 
Religion, seine Sendung eitel Anmaßung zu sein. Sie nöthigten daher die 
meisten seiner Anhänger (83 Männer und 18 Frauen) in das benachbarte Aethio- 
pien zu flüchten, schlossen ein Bündniß gegen ihn und hingen die Urkunde da¬ 
von in der Kaaba auf. Dadurch sähe fich Muhamed bewogen, Mekka zu ver¬ 
lassen. Aber sein Oheim Abu-Taleb schützte ihn und Muhamed fand Mittel, 
das Bündniß des Koreischiten zu trennen. Er erklärte seinem Oheim, Gon 
habe einen Surm geschickt, der jedes Wort jener Urkunde, den Namen „Gott" 
ausgenommen, durchlöchert habe. Wirklich wurde die Urkunde durchlöchert 
gesunden und die Koreischiten, heißt es, staunten dieses Ereigniß als ein Wun¬ 
der an und hoben das Bündniß auf. 
Um dieselbe Zeit, im Jahre 619, starb sein Oheim Abu-Taleb und seine 
Gattin Chadidscha; beide hatten ihn geschützt. Jetzt nahm fich sein zweiter 
Oheim, Al-Abbas, der dem Abu-Taleb als Vorsteher der Kaaba folgte, seiner 
an; aber am meisten bauete Muhamed auffich selbst. Da ersah,daß er unterseinen 
Stammgenossen wenig ausrichten würde, so wendete er sich vorzüglich an die 
vielen Fremden, die des Handels oder der Wallfahrten wegen häufig nach 
Mekka kamen. Durch neue Offenbarungen, die er empfangen zu haben vor¬ 
gab, wußte er Glauben zu gewinnen. Besonders merkwürdig ist eine Erzäh¬ 
lung, die mit den prächtigen Bildern einer entzückten Einbildungskraft, die den 
Arabern von je her gefielen, reichlich ausgestattet ist. 
Als Muhamed einst — so heißt es in der Erzählung — unweit Mekka 
unter freiem Himmel schlief, trat der Engel Gabriel in einem von Perlen und 
Goldfäden durchflochtenen Kleide zu ihm und reinigte sein Herz. Er nahm es 
nämlich aus Muhameds Leibe, drückte den schwarzen Tropfen oder den Saa- 
men der Erbsünde aus demselben heraus und erfüllte es mit Weisheit und 
Gnade. Als er es an den gehörigen Ort zurückgebracht hatte, führte er einen 
wundersamen Grauschimmel herzu, Namens Al Borak, der die Schnelligkeit 
des Blitzes und die Gabe der Rede hatte. Der Prophet wollte ihn besteigen, 
aber das Wunderthier bäumte sich und war nicht eher fügsam, als bis ihm 
Muhamed die Aufnahme in das Paradies versprochen hatte. Kaum war dieß 
geschehen, so trug es den Propheten unter Leitung des Engels in einem Nu 
zum Berge Sinai, von da nach Bethlehem, von Bethlehem nach Jerusalem. 
An allen diesen Orten verrichtete der Prophet sein Gebet; im Tempel zu Je¬ 
rusalem gemeinschaftlich mit Abraham, Moses und Jesus. Von hier führte 
ihn der Engel (Al Borak blieb vor dem Tempel stehen) auf eine Leiter, deren 
Stufen von Gold, Silber, Perlen und andern Kostbarkeiten waren, in alle 
sieben Himmel nach einander. Jeder dieser Himmel war von dem andern so 
weit entfernt, daß nach menschlicher Weise 500 Jahre nöthig gewesen wären, 
um von dem einen zu dem andern zu gelangen; Muhamed aber machte mit 
seinem Begleiter diese Reise in einem Augenblicke. Die Herrlichkeiten, die er 
hier erblickte, lassen sich nicht malen; der Sprache fehlt es dazu an Worten, 
der Phantasie an Bildern. Alles war voll Gold und Edelstein, voll von blenden¬ 
dem Licht, und in jedem Himmel begrüßten ihn Engel, Erzväter und Prophe¬ 
ten der Vorzeit. Bis zum siebenten Himmel, wo schon die Stimme Gottes 
vernommen wurde, durfte Gabriel gehen, Muhamed aber gelangte über densel- 
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