Full text: Christus bis Khosru II. (Theil 3, Abth. 1)

II. Zeitalter des Julikönigtums (1830—1848). 
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Yon höchster Bedeutung wurde auch die Anwendung des Elek¬ 
tromagnetismus (Örsted) in der Telegraphie (Gaufs und Weber in 
Göttingen 1833, Schilling in Rufsland, Cooke und Wheatstone in 
England, Steinheil in München, Morse in Amerika). 
d) Preufsen und Deutschland seit der Thronbestei¬ 
gung Friedrich Wilhelms IV. 
a) Des Königs Persönlichkeit und Anfänge. Hoch- 
begabt, ideeen- und kenntnisreich, ein begeisterter Freund aller 
künstlerischen und wissenschaftlichen Bestrebungen, ein Meister 
der Rede und des Witzes, sanguinischen Temperaments und 
empfänglich für alles Edle und Hohe, streng kirchlich und innig 
religiös („Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen“), 
aber erfüllt von den Idealen eines längst vergangenen Zeitalters, 
schwärmend für einen idealisierten mittelalterlichen christlich- 
germanischen Ständestaat, besafs Friedrich Wilhelm IV. 
(1840—1861), der „Romantiker auf dem Throne“ (D. E. Straufs’ Buch 
über Julian), weder klare Einsicht in die Bedürfnisse seinerzeit 
noch die nötige Entschlossenheit des Willens, sondern schwankte 
zwischen den Extremen hin und her. Zu seinen Vertrauten 
gehörten sowohl Männer vom reaktionären „Klub der Wilhelm- 
strafse“ (Graf Brandenburg, die Gebr. v. Gerlach) wie Ranke und 
der freidenkende Alexander v. Humboldt; am nächsten stand ihm 
Radowitz, ein eifriger Katholik, und Bunsen, evangelischer Theo¬ 
log und Sprachforscher, geistvolle Männer, mit denen den König 
zunächst kirchliche und wissenschaftlich-künstlerische Bestrebun¬ 
gen verbunden hatten. Die Amnestie, die Wiederberufung Arndts, 
die Befreiung Jahns, die Berufung der Gebr. Grimm nach Berlin 
und Dahlmanns nach Bonn erfüllte die Liberalen mit grofsen 
Erwartungen, aber andrerseits wurde auch Julius Stahl, der scharf¬ 
sinnige Begründer einer theokratisch-absolutistischen Staatslehre, 
Professor in Berlin, und in dem Kölner Bischofstreit trat der 
König sogleich den Rückzug an. Überhaupt traten die mit seiner 
ganzen Weltanschauung zusammenhängenden katholisierenden Nei¬ 
gungen stark hervor (seine Gemahlin war Elisabeth von Bayern): 
in dem Kultusministerium (seit 1840 der streng-kirchliche Eich¬ 
horn Minister) wurde eine katholische Abteilung eingerichtet, der 
Verkehr der Bischöfe mit Rom freigegeben. — Nationale, kirch- 
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