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war, so hatte doch eine Menge Menschen noch nie ein
Hemd an den Leib gebracht. Der Gebrauch der Leib»
wüsche wurde erst in spätern Zeiten allgemein.
Der Bürgerstand wurde nun immer angesehener, zu¬
mal seitdem Heinrich V. alle Hanowerker und Kauf¬
leute in den Städten für frei erklärt hatte. Sie wur¬
den auch vermöglicher, denn alles, was sie sich erwarben,
gehörte ihnen, und keine räuberischen Vögte oder Edel¬
leute durften ihnen mehr die Früchte ihres Fleißes un-
ihrer Betriebsamkeit wegnehmen. Zugleich bekamen di»
Städte ein freundlicheres Ansehen; Alles drängte sich
nach denselben, weil man hier ungleich mehr Bequem¬
lichkeit, Sicherheit und Annehmlichkeit fand, als auf dem
Lande. Sogar friedliebende Edelleute zogen von ihren
Burgen in die Städte, und bei diesem Zusammenfluß
von Menschen mußten sich die Künste und Gewerbe
heben. Besonders kamen die Wollen - und Leinenwebe-
reien, die bis jetzt nur von den Frauen getrieben wor¬
den waren, immer mehr empor. Bald entstanden an¬
sehnliche Wollen - und Baumwollenmanufakturen, und mit
den hübschen und guten Zeugen, die daraus hervorgin¬
gen, tauschte man von den heidnischen Preußen da-
kostbare Pelzwerk, den Sammt und die Seidenzeuge ein,
womit die teutschen Ritter prangten. Es gab auch schon
viele Goldschmiede und andere Metallarbeiter, und m
der Kunst, die Metalle zu gießen, hatte man es, besonder-
in Augsburg, bereits sehr weit gebracht. Schon unter
Heinrich IV. wurden dort zwei stattliche metallene
Thorflügel zu einer Kirche gegossen, die, wo ich nicht
irre, noch bis auf den heutigen Tag zu sehen sind. Die
Mehrzahl der Bürger, auch in großen Städten, bestand
aber immer noch in Beckern, Fleischern, Schmieden, Schu¬
stern, Brauern und so weiter. Die Brauer lernten um
diese Zeit das Bier mit Hopfen würzen, und ihm ba¬
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